Stadtauben

Der Mensch hat die Taube in die Städte geholt

Auch wenn dieser Hinweis in fast allen Veröffentlichungen zu lesen ist, die sich ernsthaft mit dem Wesen und Leben von Stadttauben beschäftigt, möchte ich noch einmal in aller Deutlichkeit erklären, dass es sich bei Stadttauben keinesfalls um in urbane Wildvögel wie beispielsweise Elstern, Krähen oder Möwen, sondern um seit mehr weniger Generationen verwilderte Haustauben handelt. Der Mensch und die Taube stehen daher in direkter Beziehung zueinander. Tauben als Ungeziefer zu verabscheuen ist daher völlig absurd. Bedenke, dass schon in der Antike die Menschen Tauben verehrt, gehalten und für ihre Zwecke gezüchtet haben.

Tauben als Symbol für das Gute im Leben

Tauben galten einst als Symbol für Liebe, Treue und Frieden. Du findest sie in  den vielen alten Schriften der Mythologie und Religion.  Im alten Testament kannst du nachlesen,   eine Taube, die einen Ölzweig im Schnabel trug, den Überlebenden auf der Arche Noah das Ende der Sintflut verkündete. Und der griechischen Sage entstand aus einem Ei, das von Tauben ausgebrütet wurde, Aphrodite, die Göttin der Liebe.

Stadttauben sind liebevolle Geschöpfe

(Aufgenommen im Hofgarten, Düsseldorf, Video mit aktiviertem Datenschutzmodus)

Auch in der Neuzeit bestand immer eine enge Beziehung zwischen uns Menschen und Tauben – leider meistens zum Wohl des Menschen. Tauben wurden verzehrt und als fliegende Postboten eingesetzt. Als Nutztiere wurden diese gekreuzt und immer weiter für die Zwecke der Menschen gezüchtet.  All diese Merkmale befinden sich noch heute in den Genen der Tauben, die uns tagein tagaus auf der Straße begegnen.

In verlassenen Fabrikgebäuden sowie Bunkern und Ruinen aus dem vergangenen Kriege fanden verwilderte Tauben schnell ein perfekte Brutstätte – artgerecht und gut geschützt gegen Greifvögel und andere natürliche Feinde. Gleichzeitig gelang es ihnen neue Futterquellen im menschlichen Lebensraum zu erschließen. Dazu gehörten  Getreideabfälle,  in Ballungszentren eher von Passanten achtlos weggeworfene Essensreste.

Die Behauptung des Biologen Daniel Haag Wackernagel in Basel aber, dass die verwilderte Taube in den vergangenen Jahrzehnten durch das Stadtleben vom „Körnerfresser zum Allesfresser“ mutiert sei, kann ich ganz und gar nicht bestätigen. Zwar werden in äußerster Not auch Burger, Pizza und leider selbst Erbrochenes angepickt, aber sobald auch nur wenige Körner wahrgenommen werden, entscheiden sich Tauben sofort wieder um und fallen gierig über das artgerechte Angebot her. Das habe ich mit eigenen Augen immer wieder selbst beobachtet.

Tauben bleiben Körnerfresser
Hunger im Winter: Sobald artgerechtes Futter da ist, sind auch die Tauben da.

In meiner Kindheit gab es eigentlich keine Vorbehalte gegenüber Tauben. In der Nachbarschaft fanden sich Liebhaber mit einem kleinen Schlag genauso wie man beim Hobby-Züchter in einer Laubenkolonie außergewöhnliche  Rassetauben bewundern konnte.  Ich war völlig fasziniert von der Schönheit der Tauben, ihren ulkigen Bewegungen und natürlich vom Gurren.

Täuber am Köbogen in Düsseldorf
Mein gefiederter Freund (mit Ring!) am Köbogen

Tauben standen damals durch noch komfortable Lebensräume zu Verfügung, wo sie ungestört waren. Beispielsweise in Ruinen oder verlassenen Fabrikgeländen. Gerne stromerte ich mit meinem Freund durch solche Locations und beobachte, wie die kleinen Küken in ihren Nestern fiepten und auf die Rückkehr der Eltern warteten. Das war ganz normal. Das war schön. Und es war ein aufregendes Erlebnis, wenn wir Kinder eine verletzte Taube (oder auch andere Vögel) fanden und persönlich zu einem Tierarzt brachten, der das Tierchen gerne versorgte (kostenlos!). Wir fühlten uns als Retter der Natur.

Stadttauben sind Gebäudebrüter ohne Lebensraum

Heute hingegen, wo es kaum noch Nistmöglicheiten für Tauben gibt, werden sie dennoch immer weiter ausgegrenzt – obwohl sie eigentlich zu uns gehören. Von einflussreichen Interessengruppen, darunter Hauseigentümer, Geschäftsinhaber und manche Kommunalpolitiker als gefährliches Problem dargestellt. Einseitige Hetzpropaganda  findet man  in der  Presse, in Broschüren und auf Warnschildern. Das geht so weit, dass manche Menschen sich vor Tauben ekeln, ihre Nähe fürchten und ihnen alle erdenklichen Krankheiten andichten. Was natürlich völliger Blödsinn ist. Natürlich werden Tauben krank, genauso wie wir Menschen und jedes andere Lebenwesen. Aber es gibt nur ganz, ganz wenige Gefahren durch Infektionen, die Tauben real auf den Menschen übertragen könnten. Diese Einschätzung teilen  übrigens zahlreiche Quellen:

1 – Menschen für Tierrechte:

Stellen Tauben eine Gefährdung für den Menschen dar?

2 – Diverse Stellungnahmen im Berliner Tagesspiegel

Blumentöpfe sind gefährlich als Tauben

3 – Deutschlandfunkkultur

Großstadtvögel übertragen nicht mehr Krankheiten als andere Tiere

4 – Erna-Graff-Stifung:

Wie groß ist die Gefahr sich von Tauben anzustecken?