Stadttauben mit veröltem Gefieder können ein Notfall werden

Gesunde Tauben achten peinlich genau auf die Sauberkeit ihres Gefieders. Und sie baden liebend gerne. Das kannst du am besten während der warmen Jahreszeit beobachten, überall dort, wo in der Stadt oder in Parkanlagen Bassins stehen. Natürlich auch bei einem Sommerregen oder danach,  wenn sie sich Stadttauben an großen Pfützen versammeln und sich am frischen Wasser laben.

Badende Taube in der Düsseldorfer Altstadt
Stadtauben sind nicht wasserscheu
Taube nach dem Bad
Taube, die gerade frisch gebadet hatte

Leider ist das nicht immer so: In der Düsseldorfer Altstadt begegnet man, und das leider häufig, Tauben, deren dunkelgraues Gefieder ölig und ungepflegt wirkt, manchmal wie mit Pomade verklebt aussieht. In dem Look entsprechen sie genau dem Image, das Taubenhasser über sie verbreiten und bestätigen die üblichen Vorurteile: gefährliche Bakterienschleuder, Ratte der Lüfte …

Stadttaube mit öligem Gefieder
Taube mit einigen Fettspuren im Gefieder

Ich darf dich beruhigen. Davon betroffene Stadttauben leiden unter keiner fiesen Krankheit, die das Gefieder so schrecklich aussehen lässt. Die Ursache für die Verschmutzung sind Abluftschächte von Imbissen und Restaurants, in deren Nähe Tauben sich häufiger aufhalten oder sogar nisten. Die Tiere wissen natürlich nicht, wie gefährlich das fetthaltige Luftgemisch aus den Gebläsen für sie werden kann. Das mit der Luft austretende Pflanzenfett verfilzt das Gefieder, so dass es nach und nach lebenswichtige Funktionen verliert. Die Taube kann zwar fliegen, aber ihr Gefieder kaum noch pflegen. Und die durch den fettigen Schmutz geschädigten Federn schützen sie weniger gegen Nässe und Kälte. Besonders kritisch wird es dann, wenn die so genannten Puderfedern ihren feinen, wasserabweisenden Staub nicht mehr ausreichend produzieren. Mit anderen Worten: Frittenfett ist vielleicht sogar der Anfang vom Ende. Spätestens, wenn der Winter so richtig loslegt, mit kaltem Regen, Schnee und Eis, dann werden Stadttauben mit stark verklebtem Federkleid kaum Überlebenschancen haben.

Junge Stadttauben mit verölten Federn in der Düsseldorfer Altstadt
In der Düsseldorfer Altstadt sieht man viele Tauben mit Frittenfett in den Federn

Schon seit Wochen bin ich diesem Problem auf der Spur. Begegnen mir unterwegs mit Tauben mit stark verschmutztem Gefieder, mache ich aber zuerst Fotos, um sie für weitere Beobachtungen besser in Erinnerung zu behalten. Denn genauso wie Tauben mit Verschnürungen, darf man diese nicht einfach fangen und aus ihrem sozialen Umfeld reißen. Man muss immer auch die Folgen bedenken: Vielleicht verliert eine gesicherte Taube dadurch ihren Partner oder sie nistet bereits und kann die Küken nicht mehr versorgen. Im Worst-Case hätte man dann einem Tier geholfen, zwei andere mussten aber jämmerlich verhungern. Das wäre fatal.  Aus dem Grund  wäge ich grundsätzlich vorsichtig ab und frage mich:

  • wie der Allgemeinzustand der Taube auf mich wirkt,
  • wie schlimm das Gefieder aussieht,
  • wie hilfsbedürftig und gefährdet die Taube sein könnte.

Besonders schlimm betroffen sind auf jeden Fall junge Tauben mit stark verfettetem Gefieder, die zudem unterernährt und manchmal so geschwächt sind, dass man sie ganz einfach mit der Hand aufnehmen kann. Die haben wohl eher keinen Partner und werden auch nie einen bekommen, wenn man ihnen nicht schnell hilft. Also sichern und versorgen. Ebenso flugunfähige Tauben oder welche mit Verletzungen oder krankhaften Symptomen.

Jungtaube in der Düsseldorfer Altstadt
Zwei Beispiele für junge Tauben mit Ölspuren an den Federn

Meistens habe ich verölte Tauben nur eingesammelt und dann an eine Dame in Düsseldorf übergeben, die wiederum gute Verbindungen zur bekannten Vogelschützerin Tanja Regmann (Project Blue Sea) hat und von dieser auch mit Öl verschmierte Schwäne und andere Wasservögel erfolgreich behandeln lässt.

Ein einziges Mal machte ich eine Ausnahme aus Zeit- und Organisationsgründen und versuchte selbst, das Gefieder einer Taube mit dem hierfür empfohlenen Fettlöser Fairy Ultra zu reinigen, was sich aber als Fehler herausstellte. Keine Sorge, der Taube ist nichts Schlimmes passiert. Sie hat meine Behandlung gut überstanden, aber die Aktion war nicht effektiv und gestaltete sich insgesamt viel komplizierter als ich gedacht hatte. Denn es gab eine Menge zu berücksichtigen:

  • Fairy Ultra ist aggressiv und sollte vorsichtig dosiert werden, es darf schon mal gar nicht in die Augen der Taube kommen.
  • Für die Reinigung setzte ich die Taube vorsichtig in lauwarmes Wasser in das zuvor etwas Fairy Ultra aufgelöst war, zum Abwaschen nahm ich einen weichen Spülschwamm.
  • Fairy Ultra wirkte gut, das Wasser wurde ziemlich dunkel. Aber ein Waschgang reichte längst nicht aus, da das komplette Gefieder verfilzt war.
  • Das Gefieder saugte sich auf wie ein Schwamm mit Wasser und die oben beschriebene Schutzschicht, sofern sie noch vorhanden war, wurde durch die Behandlung gänzlich entfernt.
  • Nach dem Bad musste das Gefieder schnell angetrocknet und ausreichend Wärme zur Verfügung stehen. Um das Wasser aus den Federn zu bekommen, habe ich die Taube mehrmals in ein Handtuch eingewickelt und immer wieder abgetupft – auch untern den Flügeln.

Taube im Handtuch eingewickelt

  • Im Anschluss habe ich sie in den Stall zurückgebracht und im Handtuch direkt neben die warme Heizung gesetzt.
  • Das arme Tier war von der Behandlung enorm gestresst und verfiel in eine regelrechte Starre, was mir unendlich leid tat. Es dauerte eine ganze Zeit, bis sie sich aus dem Handtuch befreite und wieder anfing zu laufen.
Junge Taube nach der Behandlung mit Fairy Ultra
Gott sei Dank hatte sich die kleine Taube nach der Behandlung wieder etwas gefangen und spazierte im Stall herum.

Schlussendlich stellte sich heraus, dass das Gefieder immer noch arg verfilzt war, ich hätte dem Tier also weitere Prozeduren dieser Art zumuten müssen. Damit stieß ich  an meine Grenzen, vor allem deshalb, weil ich die Taube nicht weiter unter solchen Stress setzten wollte  Darüber hinaus dauert es sehr lange, bis das Wasser aus dem Gefieder ist. Das Tier brauchte daher ausreichend Wärmezufuhr. Meine Heizung war ja bereits aufgedreht. Aber auf einer  vorsichtig temperierten Wärmflasche wollte sie partout nicht sitzen bleiben.

Dann stellte sich die Frage, wann die Taube wieder richtig fliegen kann. Meine Testumgebung wäre in der Wohnung gewesen (lach) oder ich hätte erst einmal zum Schwanenhaus gehen müssen, um dort ihre Flugversuche zu beobachten. Insgesamt habe ich mir zu viele Sorgen gemacht – bin halt kein Profi.

Darum machte ich einen Cut und beschloss, die Taube wie gewohnt baldmöglichst an Experten zu übergeben. Sie wurde noch am gleichen Tag abgeholt und befindet sich in der Obhut von Profis.

Fazit:
Zukünftig werde ich natürlich von einer Behandlung in eigener Regie mit Fairy Ultra absehen und möchte auch ausdrücklich davor warnen, sofern man hierfür nicht genügend Ausrüstung und Erfahrung hat.

Zuletzt noch eine interessante Zusatzinfo:

Australisches Forschungsprojekt für eine bessere Behandlung von verölten Wasservögeln mit Eisenstaub