Vom Friedenssymbol zur Ratte der Lüfte?

Zu Pfingsten erinnern sich gläubige  Menschen gerne an die weiße Taube, dem Symbol des Heiligen Geistes, der herabsteigt zu uns Menschen. In früheren Jahrhunderten würden Tauben aus kirchlicher Tradition  freigelassen. Tradition hin Glaube her, weiße Tauben gelten seit vorbiblischer Zeit ebenso als Friedensymbol, Picasso hat sie in unterschiedlichen Variationen gemalt und gerne werden sie zum Auftakt von sportlichen Veranstaltungen in die Lüfte geschickt.

Das passiert nun auch 2018 unter dem Motto „Frieden geht“ anlässlich einer bundesweiten Aktion gegen Rüstungsexporte in Oberndorf, wo am Pfingstmontag auf dem Parkplatz bei Rheinmetall vor einem Staffellauf 100 weiße Tauben als Friedensbringer gen Himmel fliegen dürfen. Sicher gut gemeint, wohl aber schlecht überlegt.

Denn egal ob zur Hochzeit, einer kirchlichen Zeremonie oder bei Friedensaktion, immer wenn weiße Tauben aufgelassen werden, handelt es sich dabei um absolut unerfahren und hilflose Geschöpfe, die ihr ganzes Leben zuvor in einem Schlag oder einer Voliere verbracht haben. Damit sie dennoch beim ersten Flug wie gewünscht funktionieren, werden sie  oft schon einige Tage vorher von ihrem Lebenspartner isoliert. Aus Sehnsucht entsteht verzweifelte Antriebskraft.

Weiße Taube in Düsseldorfer Altstadt
Ex-Hochzeits- oder Friedenstaube in der Düsseldorfer Altstadt

Weiße Tauben haben nur geringe Überlebenschancen

Erschwerend hinzu kommt das Problem, dass weiße Tauben aufgrund  ihrer  „Farbe“ gezüchtet werden, aber nicht wegen anderer überlebenswichtiger Eigenschaften in freier Natur. Züchter lassen weiße Tauben nicht das Fliegen üben, weil diese viel schneller als andere von Greifvögeln als Beute ausgemacht werden. Diese Verluste wollen die Halter nicht riskieren. Dazu ist auch der Orientierungssinn im Vergleich zu anderen Tauben relativ unterentwickelt.

Auch diese 100 Tauben in Oderndorf werden als Zeichen des Friedens  einem tragischen Schicksal mit oft tödlichem Ausgang entgegen fliegen. Viele verirren  sich vielleicht unterwegs, verhungern oder enden als Beute für Greifvögel. Wenige finden tatsächlich zurück, andere stranden wenigstens anderswo im Lebensraum der Menschen, wo sie Anschluss an verwilderte Stadttauben finden – und damit zur Plage in den Augen vieler Menschen werden. So endet die Odyssee vieler Friedenstauben ebenso mit einem Leben als geächtete „Ratte der Lüfte“.

Abkömmling einer weißen Hochzeitstaube
Manche weiße Tauben finden Anschluss in der Stadt

Bitte folgt auch den Links zu folgenden weiterführenden Beitragen über Hochzeitstauben:

Weiße Tauben – Tierquälerei für die perfekte Hochzeit (PETA) 

Wenn das Täubchen ans Rathausfenster klatscht

Auf dass der Tod euch scheidet

Leider viel zu spät aber hoffentlich doch noch rechtzeitig haben ich und einige Taubenaktivisten aus Facebook Briefe an die Organisatoren geschickt, in denen wir die  Organisatoren über die besagten Risiken und Nebenwirkungen von Auflässen informierten und aufforderten, keine Tauben für den Frieden zu benutzen.

Hierzu mein Beitrag:

 

Keine Friedenstauben in Oderndorf
Keine Tauben für den Frieden in den Tod schicken!!

Wie schön: „Frieden geht“ auch ohne  lebende Tauben

Zum Schluss folgt noch ein sehr erfreulicher Nachtrag. Gestern Abend kam die Meldung, dass die Organisatoren in Oderndorf a. N. aufgrund massiver Hinweise durch Tierschützer einsichtig wurden und nun statt Tauben Luftballons in den Himmel schicken wollen.

Für Frieden wird ohne Tauben demonstriert

 

Taubenfütterer bestrafen wie im Mittelalter

„500 Euro Strafe sind nicht genug,  die Tauben sollen Ihnen die Augen aushacken“

Die Lobbies der urbanen Gesellschaft interessieren sich nicht für Hunger und  Leid von  Tieren. Daum ist es in der schönen Stadt Düsseldorf auch nicht erlaubt, Tauben zu füttern. Wer sich nicht daran hält, kann vom Ordnungsamt zu einer Geld strafe verknackt werden. Wie hoch die werden kann, hängt in  letzter Instanz von einem richterlichen Beschluss ab. Ok, ok – ich habe verstanden.

Eine ganz andere Sache ist es allerdings, wenn Menschen versuchen, hilflosen Tauben zu helfen. Jungtauben, die noch nicht fliegen und sich noch nicht selbständig ernähren können, Tauben mit verschnürten Füßen oder auch erkrankte Tiere. Für solche Fälle greift auch für Tauben der Tierschutz.

Leider ist es aber nicht so, dass sich Tauben freiwillig krankmelden und behandeln lassen. Bei Nestlingen ist die Sicherung noch recht einfach. Die sind  weniger Scheu und lassen sich gut einsammeln. Aber ältere Tauben versuchen selbst bei größten Schmerzen ihr Heil in der Flucht. Da gibt es es nur die eine Möglichkeit, indem man sie mit Futter anlockt und dann, wenn sie abgelenkt sind, beherzt zugreift. Dafür braucht man Ruhe und äußerste Konzentration. Denn misslingt der erste Versuch, wird sich die Taube nicht noch einmal nähern. Da ich meistens allein unterwegs bin, war ich mit dem Sichern von flugfähigen Tauben meistens erfolglos. Entweder verhielt  ich zu zaghaft oder wurde aber massiv gestört – dazu gleich mehr. Heute beschränke ich mich lieber aufs Aufspüren von Pflegefällen, die ich fotografiere und dann umgehend erfahrenen Rettern von Tieren in Not  melde.

Kranke Taube im Abseits
Taube mit stark aufgeplusterten Federn im Hofgarten

Öffentliches Mobbing gegen Taubenfreunde

Meine Vermutung ist, dass unzufriedene Menschen  gerne in der Presse gehypte Feindbilder übernehmen und diese dann gezielt in ihrer nächsten Umgebung suchen. Die einen pesten gegen Frauen mit Kopftüchern, andere gegen Hundehalter. Gründe für Abneigung oder gar Hass finden sich leicht.

So gibt  es dann auch nicht wenige Menschen, die gegenüber Taubenfreunden auf Krawall gebürstet sind und in eigener Regie versuchen, gegen vermeintlich erwischte Täter vorzugehen. „Wutbürger“ bei vermeintlichen Ordnungswidrigkeiten. Die  machen sich gar nicht erst die Mühe, zu prüfen, warum dort an dieser oder jenen Stelle ein sich anderer  mit Tauben beschäftigt. Sie werden aggressiv und legen gleich los.

An Zehen verschnürte Taube
An Zehen verschnürte Taube…

Manche lassen  Drohungen ab,  stören Aktionen, indem sie dazwischen laufen, fotografieren, filmen oder  mit Steinen auf anfliegende Tauben werfen (kein Witz). Ich selbst hatte das Problem mehrfach. Mich erinnert dieses Verhalten an meine Jugend, als noch Nazi-Opas lebten, die  schon mal handgreiflich wurden oder mit kranken Sprüchen die Luft verpesteten. Die Zeiten ändern sich vielleicht, Dummheit und Boshaftigkeit von Menschen aber nicht.

Und es kann noch schlimmer kommen.  In München scheuten beispielsweise „Ordnungshüter“ auch keine Gewalt gegen eine Fraue, deren Absicht es nicht gar war, Verbote zu ignorieren, sondern die lediglich versuchte, Tieren in der Not zu helfen. Da wurde einfach mal zugeschlagen.

"Eine Freundin der Taubenhilfe München, wurde gestern krankenhausreif geschlagen. Grund war, dass sie eine verletzte Taube anfütterte, um sie so einfangen zu können... Hilfe von Passanten, gab es für die verletzte Tierfreundin leider nicht. ..."

Den kompletten Thread findest du hier als Screenshot

Dagegen sind „vollpfostige“ Schimpfkanonaden, wie ich sie mir kürzlich mal wieder anhören durfte, „…die Tauben sollen Ihnen die Augen aushacken“, geradezu harmlos.

 

 

 

Erziehung zur Respektlosigkeit gegenüber Tauben

Zwei Stadttauben an der Haltestelle

Egal ob man sie mag oder nicht, der Respekt vor der Taube als lebende und fühlende Kreatur zeichnet meiner Meinung auch den Charakter von Menschen aus. Was ich tagein tagaus miterleben muss, wie Menschen Stadttauben verachten und behandeln, macht mich traurig und wütend. Vielleicht klingt das jetzt etwas übertrieben, schließlich sind ja nicht alle Menschen gleich. Aber meine Beobachtungen wollen mir einfach nicht mehr aus dem Kopf.  Es gibt anscheinend schon viele Menschen, die aus ihrer – worin auch immer begründeten – Respektlosigkeit gegenüber Tauben eine Doktrin machen und  Teil der Erziehung von Kindern werden lassen.

Da saß ich gestern am späten Nachmittag in Köln auf dem Treppchen an der Domplatte, döste vor mich hin und wartete auf meinen Zug nach Düsseldorf. Um mich herum jede Menge Trubel und natürlich auch einige Taubengruppen auf Nahrungssuche.

Hungrige Tauben am HBF in Köln
Hungrige Tauben suchen am Bahnhof verzweifelt nach Essbarem

Direkt vor meinen Augen stand eine Familie: Vater und Mutter und zwei Kinder, drei bis Jahre alt, jeweils eins an der Hand. Beide Elternteile vertrieben sich die Zeit damit ihren Sprösslingen zu zeigen, wie man Tauben verjagt. Die Kleinen schienen mit dem Verfolgen der Tauben noch  gar nicht so richtig was anfangen zu können, bei den Alten war der Spaßfaktor hingegen enorm. Ich holte meine Kamera raus und tat so als würde ich fotografieren. In dem Moment blieben Eltern wie angewurzelt stehen. Und Schluss mit der ersten Vorstellung.

Die zweite folgte tags darauf in Düsseldorf an einer Straßenbahnhaltestelle. ein etwa 6-jähriger Junge findet eine Taubenfeder und präsentiert diese stolz seinem Papa. Der allerdings war davon ganz und gar nicht angetan und ließ gegenüber dem Kleinen eine ausgiebige Tirade gegen Tauben los. Er solle die Feder bloß gleich wieder wegwerfen. Sie stamme von ganz ekligen Stadtvögeln, die die ganze Stadt vollkacken und verpesten und somit auch sehr gefährlich für Menschen seien. Schon bei der kleinsten Berührung könne man furchbare Krankheiten kriegen. Und dann versuchte er zu untermauern: Schau mal….überall kacken die….dann zeigte er auf den Boden und suchte dann aber verzweifelt nach bildlichen Beweisen. Es war schon irgendwie amüsant, wie seine Argumente ins Leere liefen.

Nun ja, der Vortrag des Vaters endete schließlich mit der Empfehlung, stattdessen lieber nach einer Adlerfeder zu suchen, die dürfe er dann auch bedenkenlos mit nach Hause nehmen. Der Junge schaute ihn nur mit großen Augen an, als würde er fragen,  was denn eigentlich ein Adler sei? Die Bahn kam und alle steigen ein. Schluss mit der zweiten Vorstellung.

Leider erlebte ich auch schon öfter, wie Kinder und Jugendliche rohe Gewalt gegen Tauben ausübten. Sie traten nach ihnen, hinderten sie an der Futtersuche oder warfen mit Steinen. Einen extremen Fall beobachtete ich mit eigenen Augen an der Haltestelle Barbarossaplatz in Köln, wo eine Gruppe Schüler hungrige Tauben mit Brotkrümeln anlockten, um diese dann wie einen Fußball weg zu kicken. Etwa so, wie im folgenden Video zu sehen ist:


(Youtube Video mit aktiviertem Datenschutzmodus)

Als ich dazwischen ging und fragte, was das sollte, so wurde die Einmischung mit derben Sprüchen und Stinkefingern kommentiert. Und über all standen Leute, die wort- und tatenlos herumstanden. Soviel zum fehlenden Respekt von manchen Kids gegenüber schwächeren Kreaturen. Die kürzlich angelaufene Kampagne #RespektTaube vom deutschen Tierschutzbund kommt bestimmt nicht von Ungefähr. Hoffentlich gibt sie den Menschen zu denken und hilft, auf die Stimme des Gewissen zu hören und trägt so zu einem zukünftig besseren Umgang mit Tauben bei.