Das Paramyxo-Virus befällt schon seit den 80iger Jahren in Deutschland die Stadttauben. Die Paramyxovirose ist für Tauben und Hühner hoch ansteckend und verbreitet sich über eine Tröpfcheninfektion. Es gibt einen Impfstoff dagegen, den Taubenzüchter einsetzen, aber Stadttauben, die ja nicht alle geimpft werden können, müssen mit dem Risiko leider leben. Für menschliche Stadtbewohner ist das Virus ungefährlich, bis heute ist jedenfalls kein Fall einer Erkrankung bekannt.
Schnelle Verbreitung des Paramyxovirus
Tauben können das Virus über die Nase und Bindehaut sowie mit Viren kontaminierte Trinkwasser, Bruteier oder Staub aufnehmen. Einige Tage nach der Infektion bekommen die meisten wässrigen Durchfall, viele von ihnen aber auch schwerste Probleme mit der Koordination, wobei Symptome und Schweregrade unterschiedlich sein können. Manche Tauben kriegen schlimme Unruhe-Attacken, drehen permanent im Kreis, andere laufen rückwärts, andere können kaum noch fliegen oder infolge der zentralnervösen Störungen keine Nahrung mehr aufnehmen. Im schlimmsten Fall verdursten und verhungern sie ohne fremde Hilfe.
Plötzlicher Ausbruch von PMV im Düsseldorfer Hofgarten
Seit Mitte November grassiert das PMV-Virus unter den Tauben rund um den Düsseldorfer Hofgarten. Meine erste Begegnung mit einem erkrankten Tier geschah auf einen Hinweis der Damen, die die Wasservögel am Schwanenhaus versorgen. Ich war gerade mit meiner Fütterung fertig und wollte mich kurz noch von Frau Bonmariage verabschieden, als eine weitere Vogelbetreuerin direkt auf mich zusteuerte und von Tauben berichtete, die eine auffällig komische Flugtechnik hätten oder minutenlang im Kreis laufen würden und den Kopf verdrehen. Sogleich schoss mir PMV in den Kopf. Die Symptome kannte ich bereits von einem Fall in Köln. Wir liefen gemeinsam um den Block und die Dame zeigte mir hinter dem Haus eine der verdächtigen Tauben. Sie ließ sich ganz leicht mit der Hand aufnehmen. Es war noch ein Jungvogel. Der Kopf war in der typischen Sterngucker-Pose nach oben gerichtet, und irgendwie fehlte der Kleinen so der Hals – das war mein optischer Eindruck. Also gleich mitnehmen! Zu dumm, meinen kleinen Transporter hatte ich zu Hause gelassen, daher musste es eine Stofftasche tun. In diese legte ich das Täubchen rein und schob gleich ab.
Typische Handicaps von vielen PMV-Tauben
Zu Hause stellte ich fest, dass die Kleine nicht in der Lage war, Körner zu picken. Fliegen klappte ebenfalls überhaupt nicht. An diesem Tag begann damit die Geschichte von MeiMei (das ist Chinesisch und heißt „kleine Schwester“). Mehrere Wochen habe ich sie mit Aufzuchtbrei und Vitamin-B-Komplex aufgebaut – am Anfang leider auch mit einer Fixierung. Bald darauf habe ich sie in ein Handtuch eingewickelt. Inzwischen hat sie sich an mich gewöhnt und sitzt bei der Fütterung brav auf dem Schoß.
Wie schon zu befürchten war, kamen binnen weniger Tage immer mehr erkrankte Tauben hinzu. Da ich daheim nur sehr beschränkte Möglichkeiten für die Unterbringung habe, vereinbarte ich mit Frau Bonmariage, in bestimmten Abständen weitere Tiere abzuholen.
Mein Plan war es, ein bis zweimal die Woche, je zwei Täubchen nach Köln zu bringen und dort an die Experten der Stadttaubenhilfe zu übergeben. Dort, das wusste ich, würden sie perfekt behandelt und gepäppelt, soweit nötig. Auch wenn es sicher notwendig gewesen wäre, aber mehr Tauben in einem Behältnis zusammen zu lassen, ist oft nicht möglich. So krank sie auch sind, wenn PMV-Tauben sich zu nah kommen, prügeln sie bald aufeinander los.
Selbst in meinem großen Nagerstall, in dem sonst 3-4 Vögel prima miteinander auskamen, gingen PMV-Patienten sofort aufeinander los. Selbst meine kleine MeiMei wurde zur bissigen Amazone und ging auf andere Tauben los. Die Mischung aus Aggression und PMV-Behinderungen führte zu ziemlich bizarren Szenen, bei denen sich keine Taube ernsthaft verletzen konnte, aber ständiges Gurren und Geflattere war schon anstrengend – ganz besonders für die Tauben selbst. PMV-Patienten sind enorm stressempfindlich, darum tun ihnen Streitereien gar nicht gut. Ergo mussten leider jede Taube in „Einzelhaft“ untergebracht werden.
Da im Hofgarten mehr Tauben starke PMV-Symptome zeigten als ich täglich mitnehmen konnte, wurden einige von dritter Seite einfach ins Tierheim Düsseldorf gebracht. Dort hatten sie zwar eine Unterbringung, aber die schweren Fälle konnten nicht gepäppelt werden und so hätte man sie früher oder später eingeschläfert. Dank der Kölner Arbeitsgruppe gegen die Stadttaubenproblematik konnte ich wenigstens 10 Tauben vor dem Hungertod bzw. der Todesspritze bewahren.
MeiMei ist immer noch bei mir. Sie kann zwar trinken aber immer noch keine Körner picken und auch nicht fliegen. Vielleicht werden ihre Behinderungen lebenslang bleiben. Trotzdem MeiMei ein liebenswertes Geschöpf, das ein Recht auf sein Leben und eine schöne Zukunft hat. Dafür gibt es Perspektiven. MeiMei kann sich schon jetzt auf ein artgerechtes Zuhause und liebevolle Betreuung in einem 100%igen PMV-Schlag freuen.
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