Hurra, der Herbst ist da. Die Tage werden kürzer. Es kommen lange finstere Stunden. Manchen mag das betrüben, mich überhaupt nicht. Denn nun ist auch endlich wieder Schluss mit den unsäglichen Briefttaubenflügen.
Trotzdem sollte man die Augen nach beringten Tauben offen lassen. Beispielsweise in Parkanlagen. Ob im Hofgarten, am IHZ Park oder im Volksgarten. Da finden sie wenigstens Grün und Wasserstellen. Wenn sie nicht ein Greifvogel erwischt, können sie dort eine gewisse Zeit überleben – am ehesten aber dann, wenn sie Anschluss an einen Stadttaubenschwarm finden und lernen selbstständig auf Futtersuche zu gehen. Doch längst nicht alle verirrten/gestrandeten Brieftauben haben so viel Glück.
Brieftauben finden im Park
Die letzten Wochenenden brachten traumhaftes Wetter. Also genossen meine Freundin zusammen mit ihrer Mama und mir die wenigen freien Stunden, die uns derzeit bleiben, im Freien. Einfach mal etwas entspannen. Den Kopf frei machen von alltäglichen Sorgen. Irgendwo etwas essen oder trinken. Auch mal nicht an Tauben denken? Letzeres gelingt wohl nicht allzu lange….
Auf dem Rückweg nach Hause entdeckte meine Freundin im Volksgarten ein ausgemergeltes Täubchen verzweifelt nach Essbaren in Lehm und Steinen. Bei der ersten Anfütterung mit Taubenpralinen pickte sie zwar gleich gierig los, ging aber bei weiterer Annäherung keinen Millimeter auf Distanz. Jede halbwegs fitte Stadttaube wäre sofort sofort abgeflogen, an Brieftauben kam ich kaum näher als zwei, drei Meter – dann war die weg. Das Täubchen konnte ich hingegen mit zwei Zugriffen sichern. Als ich sie in der Hand hielt, gab es so gut wie keine Gegenwehr – außer dass sie ein paar Knarzgeräusche als Protest von sich gab. Sie hatte einfach keine Kraft mehr.
Die Fakten zur Brieftaube
Laut Ringinformation war die Reisetaube aus den Niederlanden und 2019 geboren. Eine Telefonnummer gab es nicht – weder am Ring noch als Stempel unter den Flügeln. Stattdessen tummelten sich dort unzählige Federlinge!
Ob sie geschickt (bei einem Flugwettbewerb) oder für einen Testflug eingesetzt worden war, keine Ahnung – ist mir auch egal. Das gesicherte Täubchen befand sich in einem so jämmerlichen Zustand, dass mit Sicherheit nicht mehr lange durchgehalten hätte. Der Fall zeigt mal wieder in aller Deutlichkeit, wie brutal und tierschutzwidrig das internationale Brieftaubenwesen ist. Die Niederländer sind dabei noch viel krasser drauf als ihre deutschen Sportsfreunde. Tauben, die den Rückweg nicht schaffen, haben ihre Bestimmung nicht erfüllt und können verrecken.
Zu Hause bekam die Taube eine kleine Grundversorgung mit Futter, Elektrolyten, Vitaminen und eine Kur gegen die lästigen Federparasiten. Da ich zu Hause noch eine PMV-Patientin betreue, musste ich die Brieftaube über Nacht isolieren.
Am nächsten Tag übergab ich sie an erfahrene Päppler, die sie besser versorgen können. Das alles, weil unsere Gesetze den schon lange nicht mehr zeitgemäßen und rein profitorientierten Reisetaubensport immer noch zulassen.