Leider habe ich einige Zeit als Streetworker für die Düsseldorfer Stadttauben mehr oder weniger pausieren müssen. Ich hielt mich stark zurück. Statt zu den einschlägigen Hotspots rund um die Altstadt, am HBF und in Parkanlagen wandelte ich nur noch durch Seitenstraßen und bediente hauptsächlich suchende Tauben, welche meine Wege kreuzten. Mehr ging einfach nicht.
Darum freue ich mich um so mehr, dass in der Zwischenzeit während der Corona-Krise in Facebook eine neue und ungemein tatkräftige Gruppe für Düsseldorfer Stadttauben entstanden ist.
Die Gruppe findest in in Fb unter Taubenfreunde Düsseldorf. Sie heißt alle, die aktiv mitwirken oder sonst wie unterstützen möchten, herzlich willkommen!
Mit dabei sind PflegerInnen und PäpplerInnen genauso wie ambitionierte Neueinsteiger. Die Düsseldorfer Gruppe steht zwar immer am Anfang, befindet sich aber auf einem guten Weg. Damit Wissen und Sicherheit im praktischen Umgang mit pflegebedürftigen Tauben weiter wachsen und gedeihen, werden inzwischen auch Workshops mit hochqualifizierten Pflegern und Päpplern veranstaltet. So kümmert man sich – innerhalb von Düsseldorf – um leichtere Notfälle, sichert Küken und Jungtauben, vermittelt aber auch Endpflegestellen für kranke und invalide Vögel und kämpft selbstverständlich auch gegen Hunger und Leid. Gerne werde ich hier weiter über das Engagement und die Weiterentwicklung der Taubenfreunde Düsseldorf berichten.
Der Grund für meinen Rückzug
Infolge eines traumatischen Vorfalls im Düsseldorfer Hofgartens am zweiten Lockdown-Wochenende erlitt ich einen Nervenzusammenbruch, der im Laufe der nächsten Tage zu dauerhaften Beklemmungen und Angststörungen führte.
Ich musste mich krankschreiben lassen, war nicht mehr arbeitsfähig und befinde mich seit mehreren Wochen teilstationär in psychotherapeutischer Behandlung. Diese Erkrankung zwang mich, meine Taubenaktivitäten auf ein Minimum einzuschränken. Zu groß war und ist die Angst, wieder in das Loch zu fallen, in das ich Ende März durch die Vorfälle im Hofgarten und am Burgplatz in der Altstadt geraten war. Wahrscheinlich war das damalige Ereignis nur der finale Auslöser in einer langen Kette von Problemen mit negativen Glaubensätzen und Frustrationen. Quasi der letzte Tropfen, der das Fass meines Unwohlseins im Alltag unter aggressiven und egozentrischen Menschen endgültig zum Überlaufen brachte.
Nicht nur Ignoranz gegenüber der neuen Not der Tauben und anderer Stadtvögel durch die strikten Corona-Regeln einerseits, auch das Verhalten der Menschen in Bus und Bahn, in Geschäften und Supermärkten, machten mich so depressiv, dass mein gesamter Antrieb einfach steckenblieb. Nun arbeite ich hart daran, um bald wieder auf die richtige Spur zurückzufinden.
Trotzdem tut es mir wahnsinnig leid, über drei Monate selbst so wenig für das Wohl der Düsseldorfer Stadttauben unternommen zu haben. Seit einigen Tagen wage ich mich nun endlich zurück ins Geschehen. Allerdings zunächst unbekannteren Gefilden, wo ich mich unbefangen fühle.
Eine neue Bewährungsprobe
Schon nach wenigen Begegnungen mit Tauben (in Benrath) fiel mir eine Taube auf, die komischerweise über eine Baumwurzel stolperte und auch etwas humpelte. Das Anfüttern und Sichern mit der Hand gelang glücklicherweise auf Anhieb. Die darauf folgende Pediküre war allerdings recht aufwändig. Ein Fuß der Taube war rundum und hart verkordelt. Mitten im Knäuel steckte ein Ast. Ein Glück für die Taube, dass noch nicht irgendwo damit hängengeblieben war. Früher hätte ich die Arme mit nach Hause genomme, in Ruhe behandelt und anderntags wieder fliegen gelassen. Aber dazu hatte ich keine Möglichkeit. In der Klinik sind Tiere verboten. So zurücklassen wollte ich sie aber auch auf keinen Fall. Also ging ich gleich ans Werk mit den Bordinstrumenten, die ich immer dabei habe: Schere, Pinzette, Tücher und ein Desinfektionsmittel für die Wundbehandlung.
Die Entschnürung selbst dauerte eine gefühlte Ewigkeit, denn die Kordel ließ sich mit meiner Schere nur schwer lösen und trennen. Nach und nach arbeite ich mich nach unten durch. glücklicherweise war das Täubchen während der ganzen Behandlung außerst kooperativ, so dass ich auf eine Fixierung mit dem Strumpf verzichten konnte. Nur im letzten Moment versuchte sie entwischen, so dass ich sie leicht verletzte. Gottseidank hatte ich ein Mittel zur Wunddesinfektion dabei. Da die Blutung auch schnell gestillt war, konnte ich die Taube wieder in die Freiheit entlassen. Das ließ sie sich auch nicht zweimal sagen.
Zwei Tage später war sie wieder vor Ort. Putzmunter und hungrig, aber – ganz im Trend- mit respektvollem Abstand (5 m). Denn mein Gesicht hatte sie sich gemerkt.