Verirrte Brieftauben in Düsseldorf

Es ist wohl der heißeste Sommer seit vielen Jahren – vergleichbar mit 2003,  als wir in NRW auch über einen längeren Zeitraum Temperaturen oberhalb der 30-Grad-Marke hatten.

Tauben leiden unter der Hitze in Düsseldorf
Die Hitze machte allen Tauben arg zu schaffen

Wettspiele mit Brieftauben bei 35 Grad Celsius

Aus diesem Grund verhängte der Verband Deutscher Brieftaubenzüchter – zumindest bis zum 8. August 2018 –  landesweit eine generelles Flugverbot. Dieses galt allederdings nur für Verbandsmitglieder.  Folglich  war es ausländischen Züchtern möglich, trotz Hitze in Deutschland ihre „Tauben zu schicken“ (Züchtersprache), sodass Vögel, die den Strapazen nicht gewachsen waren, sich unterwegs absetzten und  völlig erschöpft auch hier in Düsseldorf oder Köln landeten.

Verirrte Brieftauben in Düsseldorf und Köln

Ich bin ziemlich sauer auf diese Züchter und Konsorten. Die bezeichnen sich ja gerne selbst große Liebhaber von Tauben und Tierfreunde. Wer soll das bloß glauben?  Tauben bei solchen Wetterbedingungen auf die Reise zu schicken,  ist Tierquälerei in schlimmster Form. Und ich kann mich nicht erinnern, jemals zuvor in so kurzer Zeit so viele blau, grün oder gelb beringte Brieftauben gesehen zu haben. An der Domplatte oder auf dem Breslauer Platz in Köln, in Düsseldorf in der Altstadt, am Kö-Bogen und Umgebung mischten sie sich unter die Stadttauben – und dort blieben sie Außenseiter, entweder weil sie schwächelten oder/und mit der Gruppendynamik der ansässigen Tauben kaum zurecht kamen.

Verirrte Reisetaube in Düsseldorf Oberbilk
Blau beringte Brieftaube, gesehen in Düsseldorf Oberbilk

Reisetaube aus Belgien im Hofgarten

In der vergangenen Woche sicherte ich eine Taube aus Belgien, die völlig orientierungslos, ausgehungert und dehydriert war. Sie trug zwei Ringe, allerdings keinen mit Chip. Der grüne Ring hatte die Landesbuchstaben BE  und eine Registriernummer, auf dem zweiten gelben Ring, wohl ein Verbandsring,  stand nur die Zahl 5. Dem äußeren Anschein nach handelte es sich um einen noch sehr jungen Vogel, möglicherweise noch aus diesem Frühjahr. Leider versäumte ich, mir den Zustand der Schwungfedern anzuschauen und zu fotografieren, um einen Experten zu fragen und mir Klarheit zu verschaffen.

Foto von einer ausgehungerten Brieftaube aus Belg
Schnappschuss von einer Brieftaube aus Belgien – hungrig, durstig und erschöpft

Leider nur eine  kurze Erholung

Zu Hause gab ich der Taube eine leckere 7-Körnermischung und bot ihr dazu reichlich  Wasser an. Eigentlich sollte sich kleine Taube sich noch ein paar Tage bei mir erholen. Sobald das Wetter es zuließ, wollte ich sie wieder fliegen lassen, damit sie wohlbehalten zu ihrem Heimatschlag zurückfindet. Doch wieder galt: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.

Mit der Nahrung kehrte recht bald die Vitalität zurück. Am frühen Morgen lief eine unglaubliche Randale im Käfig ab. Die Taube wollte unbedingt wieder raus. Hm, dachte ich, vielleicht ist sie ja auch verwitwet und hat nichts anderes als ihren Partner im Kopf, den sie so sehr vermisst. Ich überlegte hin und her, letztendlich entschloss ich mich, sie am gleichen Morgen noch vor der Arbeit wieder zu entlassen. In der Hoffnung, dass sie sofort weiter nach Belgien flöge. Zu dumm, ich hatte mich wohl geirrt.

Belgische Brieftaube noch nicht weggeflogen
Eine fremde Brieftaube unter heimischen Stadttauben

Zwei Tage später lief die Belgierin erneut  inmitten  einer Gruppe ansässiger Stadttauben hin und her, zeigt sich sehr schüchtern und wurde zudem von anderen Tauben ordentlich gehackt. Das machte mich sehr traurig. Vielleicht braucht sie ja noch etwas Zeit. Ich versuche, dran zu bleiben.

 Gefahren, denen Reisetauben ausgesetzt werden

Auch wenn das Wetter milder ist als in den vergangenen Wochen,  halte ich die Wettflüge  der Brieftaubenverbände für einen Missbrauch der Orientierungsfähigkeit von Tauben, der sich heute durch nichts mehr rechtfertigen lässt. Viele Züchter beteuern zwar lautstark, dass sie alles tun würden, um ihre Tauben wieder heil nach Hause zu bekommen. Es bleiben dennoch enorme Risiken, denen  sie die Tiere  auf jedem Flug erneut aussetzen. Vor allem solche, die sich selbst mit moderner Technologie kaum beeinflussen geschweige denn verhindern lassen. Auf allen Strecken lauern Greifvögel, denen die Reisetauben  zur Beute werden. Manche Vögel landen auf Fahrstraßen, die sie irrtümlicherweise  für Wasserstellen halten und werden überfahren.  Ebenso kann es passieren, dass Tauben, die im Schwarm fliegen, Stromleitungen nicht schnell genug ausweichen können und schwer verletzt werden wie das folgende Foto zeigt, das Stefan Bröckling vom Tiernotruf.de kürzlich fotografiert und mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.

Schwer verletzte Reisetaube
Vermutlich durch Kabel schwer verletzte Taube, fotografiert von Stefan Bröckling

Ein solches Schreckensbild ist natürlich kein Einzelfall. Auch in der laufenden Saison werden unzählige Tauben ihre nächsten Heimkehrflüge nicht überleben. Eine Tragödie, die sich jedes Jahr wiederholen wird, solange Menschen erlaubt wird,  die persönliche Gier nach Ruhm und Geld auf Kosten dieser wehrlosen Kreaturen auszuleben. Beweiskräftige Bilder und Informationen findest du  in Facebook-Gruppen und auf den Seiten von Tierrechtsorganisationen. Kurzum: Dieses unsportliche  Hobby mit Brieftauben gehört in einer humanen Gesellschaft verboten.