Hungertod von Jungtauben am Hauptbahnhof Düsseldorf

Den Notruf las ich in Facebook gegen 20:15 Uhr – gerade eine halbe Stunde später, nachdem er aus einer Gruppe weitergeleitet worden war, die sich um der hilfsbedürftige Wildvögel kümmert.  Ein Mitglied hatte dort kurz vor der Abreise eine Taube gemeldet, die ihr am hinteren Eingangsbereich zum Bahnhof (Bertha-von-Suttner-Platz) aufgefallen war, weil sie eine Schlagseite hätte und sich kaum noch auf den Beinen halten könnte. Ich ahnte zwar schon Schlimmes und fuhr direkt los, um nach dem Tierchen zu schauen.

Gegen 20:50 Uhr war ich vor Ort. Da lag sie nun – eine Jungtaube.  Noch genau an der Stelle, die zuvor in Facebook beschrieben worden war. Neben Kippen, Dreck und einer Pfütze, in der ein fetter Ölfilm schimmerte. Ein Flügel stand etwas komisch ab, womöglich war er gebrochen. Als ich sie vorsichtig berührte, zeigte das arme Täubchen  kaum Reaktion – nur die Augen öffneten sich halb.

Halbtote Jungtaube am Bertha-von-Suttner-Platz
Die Taube lebte zwar noch, aber es war hoffnungslos

Ich hob das Tierchen auf, betaste vorsichtig den Körper und erschrak. Unter dem Federkleid  bestand es eigentlich nur noch aus Haut und Knochen.  Die Taube war völlig ausgehungert. Vielleicht war sie aus dem  Nest gefallen und schon seit einiger Zeit ohne Nahrung und Wasser gewesen. Vor dem Sterben suchte sie nur noch Schutz in dieser abartig verschmutzten Ecke. Es war ein so verdammt trauriger Anblick. Und es war klar, dass das Täubchen bald sterben würde.

Der geschundene Körper einer Jungtaube
Bei dem Anblick standen mir die Tränen in den Augen

Der Übergang sollte aber keinesfalls an diesem Ort stattfinden. Ich legte die Kleine in meinen Vogeltransporter, nahm die nächste U-Bahn zurück und bette sie auf einer weichen Unterlage im Taubenstall.  Zwischendurch versuchte ich ihr noch etwas zu trinken anzubieten, was leider fehlschlug. Sonnenblumenkerne hätte ich ihr in dem Zustand nicht gegeben, die waren noch von einer vorherigen Taube übrig geblieben. Dem ausgemergelten Körper fehlte jegliche Kraft noch etwas aufzunehmen. Wie denn auch? Die Taube wog nur noch 184 g.

Die Taube wog nur 184 Gramm
Die Waage zeigte ein bedrohliches Untergewicht.
Der Übergang folgte bald
Der Körper war zu schwach für ein Überleben.

Das Einzige, was ich noch tun konnte, war Sterbebegleitung. Ich nahm die kleine Taube in die Hand, streichelte sie, um ihr Wärme für den Übergang zu geben, wobei sie sogar noch einmal, ganz kurz, die Augen öffnete, bevor diese unfreundliche Welt verließ. Ein leichtes Zucken ging durch den kleinen Körper, das Köpfchen fiel zurück  – sie hatte es geschafft.