In einem inhaltlich sehr dürftigen Artikel und der typisch reißerischen Optik berichtet die Bild-Zeitung über das Vorhaben der Stadt Düsseldorf, männliche Tauben im Clara Vahrenholz Tierheim kastrieren zu lassen, um so endlich Herr der sogenannten Taubenplage am Hauptbahnhof Düsseldorf zu werden.
Als „Pilotprojekt mit wissenschaftlicher Begleitung“ – so heißt es in der Zeile unterhalb der Überschrift. Was soll uns das sagen? Ich halte solch plakative Aussagen für reine Augenwischerei, um gegenüber der Bild-lesenden Bevölkerung die Seriösität des so gut wie gar nicht beschriebenen Konzepts zu verdeutlichen. Statt echter Aufklärung wieder einmal nur ein PR-Artikel zur Unterstützung der Antitauben-Lobby unserer Stadt.
Die“Bild“ reduziert einen komplexen Sachverhalt auf wenige Dreizeiler, beschönigt damit das Projekt und bekräftigt dazu noch das traurige Image der Stadttaube als Stadtverschmutzer, deren Kacke in Hülle und Fülle auf die armen wartenden Reisenden am Bahnhof niederregnen würde. Ich will nicht bestreiten, dass es nicht schon Personen „getroffen“ hat, aber auf diese Weise führt man die Leser gezielt aufs falsche Gleis.
Schon die Behauptung von, es handele sich um ein „schonendes Vorgehen“, halte ich für äußerst fragwürdig. Meine Recherchen zum Thema „Tauben unfruchtbar machen“ führten zu anderen Erkenntnissen, die bei mir jede Menge Bedenken aufkommen lassen:
Verschwiegene Fakten über die Sterilisation von männlichen Tauben
- Bereits im Oktober 2014 wurde eine veterinärmedizinischen Studie der Justus-Liebig-Universität Gießen veröffentlicht. Mit historischen Quellen sowie Pros und Contras zur Sterilasation von Stadttauben.
- Viele Straßentauben sind unterernährt und körperlich geschwächt, damit für chirurgische Eingriffe oft ungeeignet. Narkosen sind daher extrem riskant.
- Die Sterilisation von Tauben ist beileibe kein Routineeingriff. Vielmehr ist dieser mit sehr hohen Risiken verbunden. Viele Tauben würden den Eingriff wahrscheinlich nicht überleben.
- Die Tauben werden am Bahnhof weggefangen, darunter natürlich Elterntiere, deren Babies nun jämmerlich verhungern müssen. Gerade kleine Küken überleben nur Stunden ohne Nahrung.
- Auf den ersten Blick kann man selten mit Sicherheit bestimmten, welches Tier ein Täuber oder eine Täubin ist. Blut- oder Federuntersuchung sind zeitaufwendig und kosten Geld.
Wenn du wissen willst, was bei solchen Versuchsprojekten abgehen kann, dann lies bitte die Gießener Studie zur Kastration von Täubern von 2014 . Hier findest du das komplette PDF
Meine Erfahrung mit Taubenkot am Hauptbahnhof
Seit knapp zehn Jahren pendle ich beruflich zwischen Köln und Düsseldorf. In der Regel 5 mal in der Woche. Ich kenne also die Bahnsteige und weiß in etwa, wo Tauben sind. Und in Düsseldorf ist es mir in der ganzen Zeit nur ein einziges Mal am Gleis 4 passiert, das gleich neben mir ein Kleks runterkaum. Der Grund: Durch die systematischen Vergrämungmaßnahmen – u.a.Spikes – sind die Reisenden schon sehr gut geschützt. Was Bild da geschrieben hat, halte ich daher für Panikmache. Denn die Tauben am Hauptbahnhof laufen – übrigens in recht überschaubarer Zahl – in den Bereichen des Personenverkehrs eigentlich nur auf dem Boden, um etwas Fressbares zu finden.
Der eigentliche Hotspot des dort ansässigen Taubenschwarms befindet sich hinter dem Nordeingang des Bahnhofs, also am Bertha von Suttner Platz – wo der Bildredakteur wahrscheinlich auch sein Motiv gefunden hat. Reisende und Bahnhofsbesucher können dennoch aufatmen. Nicht nur vom Taxistand aus gelangt man sicher zum Bahnsteig – ohne hinterher Kleidungsstücke in die Reinigung geben zu müssen. Am Bertha-von Suttner-Platz sind Gehwege und der Eingang zum Bahnhof überdacht und damit gut geschützt gegen Regen – und natürlich Taubenkot. Da hat die Bahn sehr gute Arbeit leisten lassen.
Nun aber zurück zum eigentlichen Thema: männliche Tauben, die für das Pilotprojekt eingefangen werden und kastriert werden sollen. Die Bild fasst sich wie bereits gesagt ausgesprochen kurz. Der Eingriff erfolge unter Betäubung und dauere ca. 10 Minuten – das sei schon alles. Über mögliches Tierleid und die Risiken bei Operationen wird kein einziges Wort verloren.
Unterschreibt bitte die Petition gegen die Sterilisation
Gegen die geplante Sterilisation von Stadtauben in den Städten Düsseldorf, Mainz und Wiesbaden gibt es eine Petition. Dort findet ihr alle wichtigen Informationen im Überblick. Wenn ihr den Stadttauben aktiv helfen wollt, dann ist jetzt dafür der richtige Zeitpunkt. Wir brauchen 1000 Stimmen!
Bitte hier unterschreiben und unbedingt weiter in den sozialen Medien teilen. Und wenn ihr unterschrieben habt, müsst ihr das noch einmal via E-Mail bestätigen, erst dann gilt eure Stimme!
Noch ein paar Beweisfotos
Damit du dir vorstellen kannst, wie weit Bild und Realität auseinander liegen, zeige ich dir ein paar Schnappschüsse, die ich in der Nähe des Tauben-Hotspots gemacht habe:
Last but not least: Mein Senf zum Taubenproblem
Es mögen die Bahn und bestimmte Interessengruppen vielleicht anderer Meinung sein, aber von einem ernsthaften Taubenproblem würde ich am Hauptbahnhof in Düsseldorf nicht sprechen wollen. Im letzten Sommer habe ich gerade mal 80 Tiere gezählt.
Ganz plötzlich ist der Schwarm sichtlich geschrumpft. Wie ich schon in einem vergangenen Beitrag geschildert hatte, verschwand am Bahnhof im Februar 2019 einen auf den anderen Tag eine beträchtliche Zahl von Tauben. Über deren Verbleib wusste kein Mensch etwas zu sagen. Und Tauben können leider nur gurren.