Im Juni mit Tauben in Düsseldorf

Brieftaube aus Wattenscheid

In den letzten drei Wochen gab es zwei wichtige Begebenheiten, die ich in diesem Beitrag zusammenfassen möchte.

Brieftaube 580740 wurde tasächlich abgeholt

Ich fange mal mit einer ersten Brieftaube in 2019 an. Die war mir im Hofgarten vor rund zwei Monaten aufgefallen. Von Anfang an hatte ich den Eindruck, dass sie dauerhaft nicht im Stadttaubenschwarm klarkommen würde. Dafür verhielt sie sich zu distanziert und viel zu wenig kämpferisch. Als sich die Gelenheit bot, fotografierte ich die Ringinformationen und benachrichtigte den Besitzer, seines Zeichens Rechtsanwalt und 2. Vorsitzender eines Reisesportvereins im Ruhgebiet. Erstaunlicherweise erklärte sich der Herr sofort bereit, die Taube bei mir abzuholen, wenn ich sie eingefangen hätte. Allerdings sah er kaum Chancen. Zitat: „Die werden Sie niemals kriegen. Das sind clevere Kerlchen und lassen sich nicht einfangen.“ Nun denn, es kam anders, weil bei der Taube nach einiger Zeit auch der Hunger größer war als jede Vorsicht.

In der freien Natur wäre sie wohl früher oder später verhungert. Denn bei mir zu Hause zeigte sich, wie wählerisch Zuchttauben bei der Nahrungsaufnahme sein können. Während sich Ringels und Stadttauben bei allen Körnern bedienen, die man ihnen vorwirft, sprang Nr. 580740 erst einmal in die Futterschale und selektierte ausschließlich die Pralinen (hauptsächlich geschälte Sonnenblumenkerne), den Rest – darunter auch Erbsen und Mais – verteilte sie im Stall und verschmähte ihn.

Wählerische Brieftaube
Nur die Leckerlies werden akzeptiert

Wenigstens hatte ich erstmalig eine positive Erfahrung mit einem Züchter. Der Mann stand zu seinem Wort und kam persönlich, um seine Taube wieder zu übernehmen. Er bedankte sich sehr nett und erzählte mir dass er sie gerne für die weitere Zucht einsetzen möchte. Im Kochtopf würde sie auf keinen Fall enden, versprach er hoch und heilig.

Das große Elend der Düsseldorfer Altstadttauben

Als die Leiterin des Düsseldorfer Tierheims kürzlich gegenüber der BILD erzählte, man wolle jetzt Tauben kastrieren, weil man schließlich nicht die ganze Stadt mit betreuten Taubeschlägen bepflastern könne, vergass sie zu erwähnen, dass ihr Projekt bereits um eine ganz Station ärmer geworden ist. Ich werde nicht daher müde, nochmals hier zu betonen, wie sehr sich die Situation der Altstadttauben seit der Schließung des Taubenturms am Burgplatz verschlechtert hat. Nicht nur Hunger und Krankheiten grassieren, in Ermangelung der kontrollierten Nistplätze, brüten viele Tauben in unmittelbarer Nähe eines Rauchabzugschachtes, so dass das Gefieder der Küken verölt. Betroffene Tauben können schlechter fliegen und verfilztes Gefieder schützt weniger gegen Nässe und Kälte.

Tod einer ausgehungerten Jungtaube

Letzte Woche sicherte ich in der Brückenstraße noch am späten Abend eine herumirrende Jungtaube, die völlig fertig war und keine 180 g mehr auf die Waage brachte. Dazu muss sehr lobend die Hilfe der Mitarbeiter der Pommesbude erwähnen. Sie brachten sofort einen Karton. Ganz herzlichen Dank an dieser Stelle!

Ausgehungerte Jungtaube aus der Düsseldorfer Altstadt
Die kleine Taube am Abend nach ihrer Sicherung, der Kot war noch normal

Trotz sofortiger Versorgung mit Nutribrei und Vitaminen schaffte die Kleine es leider nicht. Am nächsten Nachmittag bekam sie extremen Durchfall und verstarb innerhalb von drei Stunden.

Verstorbene Jungtaube
Sie schlief friedlich bei mir ein.

Das miterleben zu müssen, tut immer wieder weh, aber wenigstens passierte es nicht irgendwo auf der Straße. Ob ihre Organe wegen des langen Hungers versagt hatten oder ob womöglich taubenspezifische Rotaviren die Ursache waren, bleibt offen, da ich keine medizinische Untersuchung in die Wege geleitet habe. Ich vermute mal Ersteres, denn sonst wären noch viel mehr ähnliche Fälle vorgekommen. Solche waren mir bei meinen jüngsten Taubenrundgängen nicht aufgefallen.

 

Stadttaube „Hella“ – die Torwächterin

HELLA - die Kampftaube

Jungtaube ohne Furcht und Tadel

Hin und wieder begegnen mir echte Charaktertauben – ohne Übertreibung, solche gibt es wirklich – die werden unvergesslich bleiben. Das sind Individuen mit Verhaltensweisen, welche die meisten Menschen  einer Taube wohl kaum zutrauen. Zwei von dieser Sorte habe ich schon in meinem Blog Beiträge gewidmet: Smart-T und Meimei. Vor zwei Wochen lernte ich HELLA kennen, eine Jungtaube aus Düsseldorf Unterrath, die ich nach diversen Notrufen in Facebook doch noch sichern konnte. Die erste nachricht erreichte mich Freitag Vormittag im Büro weshalb ich als Helfer gar nicht zur Verfügung stand. Traurigerweise fand sich in Düsseldorf auf niemand, der sich der Taube annahmen konnte.

Keine Hilfe aus Düsseldorf in Sicht

Die Situation schien ziemlich hoffnungslos.  Laut der Beschreibung konnte die Taube kaum fliegen und war wohl ziemlich geschwächt. Aufgeplustertes Gefieder, müde Augen etc. Allerdings besaß sie noch so viel Kraft, dass sie einem ersten Sicherungsversuch entwischen konnte war. Trotzdem grenzte es an ein Wunder, dass sie am nächsten Tag wieder dort saß, wo die Notfallmelderin sie geortet hatte. Dort laufen werden Hunde Gassi geführt und es gibt jede Menge andere natürliche Feinde, für die sie eine leichte Beute gewesen wäre. Da ich fürchtete, dass auch mein Sicherungsversuch daneben gehen könnte, nahm ich nach langem wieder meinen Kescher mit. In Unterrath traf ich mich mit meinem Taubenfreund Markus H., der sich vor Ort gut auskannte und mich schnell zur richtigen Stelle führte. Dort saß die kleine HELLA neben einer Parkbank, völlig isoliert von anderen Tauben. Wir hatten Glück – die Taube ging uns sofort in Netz.

Stadttaube HELLA im Ttixi Tiertransporter
Stadttaube HELLA ist endlich in Sicherheit.

Aus irgendeinem Grund war  die Jungtaube schon von ihren Eltern abgesetzt worden, ob sie noch nicht so richtig in der Lage war für sich selbst zu sorgen. Der Kropf war jedenfalls komplett leer und auf die Wage brachte sie gerade mal 195 g. Und Hella hatte ziemlich brutalen Durchfall. Alles keine guten Vorausetzungen, um überleben zu können.

Stadttaube HELLA im neuen Quartier
Was HELLA in Besitz genommen hat, gibt sie nicht mehr her.

Zu Hause bekam sie zum Frühstück eine Portion Sonnenblumenkerne, auf die sie sich sogleich gierig stürzte. Nur mit dem Picken schien es noch nicht so richtig klappen zu wollen. Darum bekam sie von mir noch täglich mehrere Rationen Aufzuchtfutter mit der Sonde zugeführt. Mit Erfolg. Der Durchfall der kleinen Taube wurde zusehends besser genauso wie Hellas Selbstbewusstsein stärker wurde, was die folgenden Aufnahmen ganz gut veranschaulichen..


(Video mit erweitertem Datenschutzmodus eingebettet)

Obwohl Hella noch Kükenflaum im Gefieder hatte und die Schnabelwarze noch „grün“ war, zeigte sie nicht die geringsten Anzeichen von Furcht. Hella wusste sich zu behaupten. Futter und Unterkunft wurden kompromisslos verteidigt.


(Video mit erweitertem Datenschutzmodus eingebettet)

Hella ist eine echte Kampftaube. Wer sich ihr zu sehr nähert, selbst wenn es nur einen Wasserwechsel geht, bekommt Hellas Schnabel zu spüren.


(Video mit erweitertem Datenschutzmodus eingebettet)

Damit sich HELLA in natürlicher Umgebung mit anderen Tauben weiter gut weiter entwickeln kann, habe ich sie nach Köln gebracht. Dort demonstrierte sie  dort ebenfalls ihr eigenwilliges „Taubenköpfchen. Wie ich hörte, gelang es ihr, einem unbemerkten Moment aus der Voliere auszubüchsen. Von dort begab sie sich auf eine ausgedehnte Entdeckungsreise durchs Haus von Genwendolin. Ja so ist sie die gute HELLA, an sie werde ich bestimmt noch oft denken.