Seit es die Menschen zur Vorweihnachtszeit in Heerscharen in Kaufhäuser und auf Weihnachtsmärkte treibt, wo sie sich zu kollektiven Fress- und Sauforgien versammeln, fällt auf, wie wenig von echter Weihnachtsstimmung und christlichem Mitgefühl eigentlich noch in uns steckt.
Eher ist das Gegenteil der Fall. Egoismus, Ignoranz und Herzlosigkeit leiten die Menschen. Und manche produzieren sich mehr denn je als ausgesprochene Arschlöcher. Das gilt im Besonderen für das Verhalten gegenüber Stadttauben.
So musste ich mit eigenen Augen erleben, wie in der Heinrich-Heine-Passage ein angetrunkener Vollidiot seine (Rest)Männlichkeit gegenüber der weiblichen Begleitung zum Ausdruck zu bringen versuchte, indem er wie ein kleines Kind Tauben, die zur späten Abendzeit noch auf Futtersuche waren, hinterher rannte und versuchte diese zu treten. Auf meine Frage, ob er sich nun als solcher Held besser fühle, kam ein wirres „klar geil ey“, worauf ihn seine Freundin zur U-Bahn zerrte.
Und dann die Dame mit dem Fischbrötchen in der Hand am U-Bahnsteig, die meinte, sich ausgerechnet da vor meiner Nase breit machen zu müssen, wo ein hungriges Täubchen endlich ein paar Sonnenblumenkerne picken durfte.
Ich wies die Dame höflich darauf hin, dass sie gerade mitten in einem Abendessen stände. Sie plärrte gleich zurück, woraus dann ein kurzer Dialog entstand:
Dame: „Ich kann da nichts sehen.“
Ich: „Sehen Sie nicht die Taube, auf deren Körnern Sie stehen?“
Dame: „Die Taube hat hier nichts zu suchen!“
Ich: „Doch, sie sucht etwas zu fressen. Sie essen ihr Brötchen und haben gut reden…“
Dame: „Was interessiert mich die Taube?“
Ich: „Gar nicht, wie ich merke.“
Darauf schob die Dame kopfschüttelnd ab. Was für ein Depp, dachte sie vielleicht. Von meinen Worten hatte sie mit Sicherheit kaum etwas verstanden.
Aber glücklicherweise gibt es Zeiten, zu denen die Menschen den Weihnachtsmarkt noch nicht bevölkern, so dass die Tauben unter sich bleiben und sogar etwas futtern können.