DER SPIEGEL schreibt, die Corona-Krise mildere die Taubenplage

Seit meinem letzten Beitrag sind einige Wochen vergangen. Aufgrund von gesundheitlichen Problemen hielt ich mich von den Brennpunkten der Taubenproblematik etwas ferner – besonders aus Diskussionen in Facebook & Co. Allerdings machte ich meine Spaziergänge, hielt die Augen auf und half wo ich nur konnte.

Insgesamt kann ich kaum Positives über den Verlauf der Dinge melden. Mein Brief an Oberbürgermeister Thomas Geisel wurde nicht beantwortet. Meines Wissens nach sind die Behörden vom Fütterungsverbot von Tauben nicht einen Millimeter abgerückt.

Trotz der Petitionen und Aufrufe von PETA, dem Deutschen Tierschutzbund und zahlreichen Aktivisten bleiben die meisten Stadtbehörden und Kommunen in Deutschland stur. Eine rühmliche Ausnahme machte Köln. Dort wurde das Fütterungsverbot gelockert. vielen Dank dafür!!!

Doch kaum denkt man positiver und hofft, dass Corona wenigstens wieder mehr menschliches Mitgefühl bei der Not der geflügelten Stadtbewohner bewirkt, da führt gleich ein kräftiger Schlag auf den Hinterkopf zur besseren Besinnung.

Der Spiegel über die Stadttauben-Not

In zwei Artikeln widmete sich eine Spiegel-Autorin dem Stadttaubenthema zur Corana-Krise. Sie ist im Ressort Wissenschaft und Technik tätig. Ihre Themenschwerpunkte sind Ernährung und Landwirtschaft, Molekularbiologie, Medizin und Tiere.

In Beiträgen geht es nicht um die Not der Tauben, die seit der Schließung des öffentlichen Lebens kaum noch Nahrung finden. Nein, es geht um effektive Bekämpfung der Taubenplage in Corona-Zeiten.

Um diese Haltung zu verdeutlichen, schmückte die Autorin ihren Text mit längst erwiesenen Falschheiten (…ihre Ausscheidungen verätzen die Bausubstanz…- siehe dazu die Studie der Technischen Universität Darmstadt von 2004: Einfluss von Taubenkot auf die Oberfläche von Baustoffen) und abwertenden Phrasen wie „Ratten der Lüfte„.

Verhungerte Taube in Düsseldorf zu Corona
Diese Taube bestand eigentlich nur noch aus Knochen und Federn

Kurzer Check beim Tierschutzverein Augsburg

Und dann diese Recherche: Das Spiegel-Team besuchte Taubenschläge des  Tierschutzvereins Augsburg und lieferte dazu folgende Zeilen:

„Die Tiere werden regelmäßig artgerecht gefüttert, ihre Eier werden ausgetauscht gegen welche aus Plastik. Ich wollte wissen: Lässt sich die Vermehrung der Stadttauben auf diese Weise bremsen?“

Die tägliche Arbeit des Vereins im Taubenschlag und sicherlich dort belegbare Ergebnisse des Eieraustausches werden nicht aufgeführt. Gab es dazu etwa Zahlen, keinerlei verwertbare Information? Das kann ich mir kaum vorstellen. Denn jeder betreute Taubenschlag für akribisch Buch über die Anzahl der Tauben, deren Brutverhalten und bewertet natürlich auch die Wirkung durch den Austausch von Eiern. Auch dazu kein weiterer Kommentar.

Meinungsspiegel in Basel: Futter rein, Eier raus?

Stattdessen besorgt sich die Redakteurin anscheinend wertvollere Erkenntnisse aus der Schweiz! Und zwar von keinem anderen als Daniel Haag-Wackernagel –  auch Biologe und landesweit stark umstrittener Verfechter des Futterentzugs als „einzig wirksame Methode“ für eine erfolgreiche Populationskontrolle von Stadtauben. (siehe Basler Studie).

Im Spiegel werden die tierfeindlichen Schlüsse aus Haag-Wackernagels Tauben-Experimenten mir nichts dir, nichts übernommen.Seine Kommentare gleichen denen der vergangenen Jahre, wie das Beispiel aus der Welt von 2018 vortrefflich zeigt, wo im ähnlichen Tenor die fragwürdigen Erkenntnisse und Behauptungen eines Wissenschaftlers als erwiesenes Wissen verkauft wurde:

Wie man Tauben los wird (WELT/Wissen 2018)

Welch grausame Folgen aus den dort gepriesenen Experimenten in Wahrheit entstehen, haben ich und zahlreiche Düsseldorfer Taubenfreunde mit eigenen Augen miterlebt. Es war eine Tragödie sondergleichen.

Zwei sterbende Jungtauben vom ISS Dome Düsseldorf 2019
Zwei gerettete Jungtauben, die sich aber nicht mehr erholten

Der langsame Hungertod zahlreicher Jungtauben

Vergangenes Jahr im August haben wir am ISS Dome tatenlos zusehen müssen, wie Hunderte von Tauben gefangen und dem Hungertod ausgeliefert waren, weil die Betreiber des ISS Dome sich weigerten, die rund um die Mehrzweckhalle tierschutzwidrig angebrachten Netze zu öffnen. Die Tauben hungerten, doch sie brüteten auch, bis sie starben.

Und ihr Hungertod war wahrlich kein leichter. Das Sterben dauerte lange. Viele quälende Stunden. Manchmal sogar Tage. Die Organe der Taube versagten langsam – nach und nach. Selten half noch eine Elektrolytlösung. Wasser, Brei und Medikamente wurden bald ausgekotzt. Der ganze Raum, in dem wir sie unterbrachten, roch bereits nach Tod und Verwesung. Doch die Tauben hatten noch weiter Schmerzen, sie zuckten und atmeten schwer.

Erst wenn dann endlich der Tod eintritt und ihre kleine Seele den gemarterten Körper verlassen konnte, lösten sich die Krämpfe. Ich habe diesen Prozess mehrere Mail mit eigenen Augen gesehen. Für mich war der Anblick nahezu traumatisch.


Das Video wurde im August 2019 während einer Sterbebegleitung gefilmt

Selektion durch gnadenlosen Futterentzug.

Genau daran bemisst Herr Wackernagel seinen Erfolg: Weniger Tauben durch eine deutliche höhere Sterberate. Diese Methode verstößt in Deutschland ganz klar gegen das Tierschutzgesetz – und  ist für ethisch bewusste Menschen in keinster Weise akzektabel.

An dieser Stelle betone ich nochmals das, was sicher jeder, der sich ernsthaft mit der Stadttaubenproblematik auseinandersetzt, bestätigen wird: Ihren Bruttrieb tragen die Stadttauben in ihren Genen, weil dieser ihnen von Menschen im Laufe von Jahrtausenden angezüchtet wurde.

Futterentzug und Hunger ändern daran kaum etwas. Eher passiert das Gegenteil  Hungrige Tauben brüten noch extremer weiter, die Leidtragenden des Futterenzugs sind die viel zu unterernährten Nestlinge, die qualvoll sterben müssen.

Mehr Infos zur Taubenpopulation

Mein Senf zu beiden Artikeln

Dass dem SPIEGEL in puncto Stadtaubenproblematik nichts Besseres einfällt, als überholte Klischees und Vorurteile erneut hochzukochen, finde ich bei der Not, in die unsere Kulturfolger durch die Corona-Maßnahmen geraten sind einfach nur zynisch. Mehr fällt mir dazu nicht mehr ein.

Besonders traurig macht mich, dass in kritischen Zeiten wie jetzt zur Corona-Pandemie mit minderwertigen Informationen versucht wird, ethisch verwerfliche  Entscheidungen in Stadtbehörden zu rechtfertigen.Derartig unkritische und einseitige Berichte können eigentlich nur veröffentlicht werden, wenn sich Redakteure von finanzkräftigen Interessengruppen zu Handlangern von Krisen-PR degradieren lassen. In meinen Augen ist das reiner Gefälligkeitsjournalismus, von Seriosität keine Spur!

Wer sich die noch die Originale antun möchte, darf unten weiterklicken:

Warum-der-shutdown-die-taubenplage-in-vielen-staedten-mildern-koennte

Tauben in der Corona-Krise bitte nicht füttern

Und wer der  Dame danach einen entsprechenden Kommentar schreiben möchte, kann das hier tun:

E-Mail-Adresse für „Feedback & Anregungen: elementarteilchen [at]spiegel [punkt]de