Der Verband der Brieftaubenzüchter will sich reinwaschen

2018 nahm für den Verband der Deutschen Brieftaubenzüchter e.V. in Essen ein frustrierendes Ende. Die so hoffnungsvoll gestartete Bewerbung um den Status „Immaterielles Weltkulturerbe“ geriet zum Fiasko, weil die UNESCO-Kommission dagegen entschied. Fast ein Jahr später hat man sich von der unerwarteten Niederlage erholt und geht nun in eine neue Offensive, um die verpasste Chance im kommenden Jahr zu ergreifen.

Die Image-Korrektur via Youtube

Ein 7-minütiges Image-Video in Youtube zeigt eine heile Welt der Tauben und Züchter. Darin geht es um Liebe, Freundschaft und Tradition. Emotionale Musik läuft als Soundtrack zu emotional aufgeladenen Bildern voll mit Leitbildfiguren –  fast wie aus der Waschmittelwerbung –  die man sich sich kitschiger kaum vorstellen kann. Das ist aber auch Sinn und Ziel des Films.


(Video im erweiterten Datenschutzmodus)

Der Brieftaubenverband möchte sich reinwaschen von Image-Schäden und hässlichen Vorwürfen der Tierschützer, die ihn um das Kulturerbe brachten. Der Film war nur ein Anfang: Flankierend startete kürzlich eine erste PR-Kampagne.  Der „Taubensport sei sauber„, behauptet man gegenüber der Bild-Zeitung und verweist auf die hohen Standards zur Einhaltung des Tierschutzes – zum Beispiel durch Flugverbot bei extremen Temperaturen und  eine Flugsicherungskommission bei „Distanzflügen“.  Den guten Willen will ich nicht abstreiten. Man hat strengere Richtlinien gesetzt, die von den Sportsfreunden besser umgesetzt werden sollen.

Ich selbst sah 2019 nicht mehr so viele gestrandete Brieftauben wie im Sommer zuvor. Ich hörte von keinem Taubenbesitzer, dass man dem Tier doch gerne den Hals umdrehen könne. Ein Züchter aus Bochum hat sogar sein Täubchen, das ich im Hofgarten gesichert hatte, persönlich abgeholt. Das sind meine Erfahrungen, andere Tierschützer sehen die Entwicklung vielleicht noch ganz anders.

Doch eins ist doch klar: Um gute Vorsätze und optimierte  Rahmenbedingungen bei Wettflügen ging und geht  gar nicht. Unser moralischer Kompass zeigt auf die grundsätzliche Ablehnung von Wettspielen auf Kosten von fühlenden Wesen. Tauben erfahren Stress und Leid,  sie riskieren ihr Leben, damit Menschen sich gut fühlen und Profite einfahren. Das ist nicht fair und kann in unsere Augen kein „Immaterielles Kulturerbe“ darstellen.

Brieftaubensport versus Tierschutz

Der Reisesport mit Tauben verstößt aus unserer Sicht schon allein deshalb gegen den Tierschutz, weil Brieftauben gezüchtete Haustiere sind, die hunderte Kilometer vom Heimatort ausgesetzt werden und durch die vom Züchter eingesetzten Methoden (Trennung vom Partner oder Nestlingen) quasi dazu genötigt werden möglichst schnell zum Heimatschlag zurückzufinden. Die Züchter versuchen uns glaubhaft zu machen, dass Tauben von Natur aus scharf aufs Fliegen seien. Das sind Tauben sicher, im Schwarm und rund um ihren Heimatschlag. Aber sie fliegen freiwillig keine 500 Kilometer. 

Ganz klare Argumente gegen den Brieftaubensport

  • Brieftauben werden nach speziellen Zuchtzielen optimiert und entsprechend auch selektiert und ausgemerzt.
  • Brieftauben werden zu extremen Leistungen genötigt. Wenn sie diese nicht erbringen, haben sie ihr Leben oft auch verwirkt.
  • Auf dem Rückflug bleiben die Tauben weiterhin zahlreichen Gefahren ausgesetzt. Nicht nur durch die von den Züchtern immer wieder gerne genannten Greifvögel tragen Schuld an hohen Verlusten, sondern auch Stromleitungen, Windenergieanlagen und der Autoverkehr.
  • Tauben, die sich verirren,  sind es nicht gewöhnt, sich selbst in freier Natur zu versorgen. Oft verdursten und verhungern sie oder sie sind so geschwächt, dass sie ein leichtes Opfer für Raubtiere werden.
  • Das Brieftaubenwesen von Heute ist längst nicht nur ein traditionelles Hobby sondern ein international blühendes Geschäft, bei dem viel Geld eingesetzt wird und verdient werden kann. Tauben, die begehrte Preise gewonnen haben, wechseln auch für große Summen den Besitzer. Wer das hier für übertrieben hält, kann sich gerne mal Auktionen anschauen oder die jährliche

Aus den besagten Gründen werden wir Tierschützer auch im kommenden Jahr keine Ruhe geben und wieder auf alle bestehenden Missstände im Brieftaubenwesen aufmerksam machen.

Liebe für Tauben ist nur dann wahre Liebe, wenn sie das Leben und Wohlergehen der Tiere schützt. Solange die Welt der Züchter das nicht versteht, werden wir auch bei der neuen Bewerbung für entsprechenden Gegenwind sorgen!