Vergangene Woche wurde mir so richtig bewusst, dass auch für uns Streetworker mit Stadttauben die Redewendung: „Das Leben besteht aus Geben und Nehmen“ durchaus seine Berechtigung haben kann.
Taubenrunde mit kleinen Überraschungen
Letzten Sonntag war endlich wieder genug Zeit für eine ausgiebige Taubenrunde. Diese startete am Münsterplatz, wo zwar immer mal wieder sehr gut gefüttert wird, aber oft dann eben dennoch nicht genug. Und dabei ist es ja noch nicht einmal richtig kalt geworden. Am besagten Tag war der Platz jedoch ziemlich dünn besucht, so dass es nicht viel zu tun gab. Bei mir ist es nämlich so, dass ich – ausgenommen bei bitterkalten Wintertagen – grundsätzlich nur dann aktiv werde, wenn tatsächlich Publikum vor Ort ist. Irgendwo eine Tüte ausschütten und dann verschwinden, das ist nicht mein Ding.
Stadttauben warten im Hofgarten auf artgerechtes Futter
Als nächste Station war eigentlich der Bertha-von-Suttner-Platz vorgesehen, daraus wurde nichts, weil ich im Hofarten verabredet und schon spät dran war, aber den Taubenfreund nicht warten lassen wollte. Also lieber gleich ab in die nächste Bahn zum Joachim-Erwin-Platz (für Alt-Düsseldorfer vielleicht immer noch der Jan-Wellem-Platz:-). Ich hatte Glück und kam trotz meiner Trödelei überpünktlich zum Ziel, wo eine ziemlich große Schar gefiederter Freunde bereits Stellung bezogen hatte.
Solange ich noch allein war, fütterte ich die Burschen an, fotografierte und konzentrierte mich auf verschnürte Tauben etc. Zunächst sah die Mannschaft ziemlich ok aus. Als Taubenkumpel M. dann aber mit seiner Munition loslegte und wir nur wilde Flatterwolken um uns herum sahen, wurde ich tatsächlich noch fündig. Ich sicherte ein bildhübsches Täubchen mit einem ziemlich übel angeschwollenen Zeh am linken Fuß. Eigentlich war es purer Zufall gewesen, dass sie mir aufgefallen war. Da sich um den Zeh offensichtlich ziemlich fette Fäden gewickelt hatten, hoffte ich, sie schon bald wieder entlassen zu können. Daheim stellte ich dann aber fest, dass die Verschnürung schon tief ins Gewebe eingedrungen war.
Ich dokterte fast eine Stunde an dem armen Tierchen herum, welches sich übrigens total friedlich und geduldig verhielt, (das ist längst nicht immer der Fall). Da ich keine Lupe habe, war ich mir allerdings nicht sicher, alles entfernt zu haben. Denn darauf sollte man wirklich achten. Wenn Fäden, die so tief im Gewebe sitzen, übersehen würden, dann wäre die ganze Mühe wohl vergebens gewesen. Ich desinfizierte die Wunde sorgfältig und machte einen Termin in Köln für einen professionellen Health-Check.
Als ich dann das Täubchen am nächsten Morgen für die Transport fertig machen wollte, erlebte ich eine tolle Überraschung. In meinem Stall war Damenbesuch. Die Täubin hatte es sich im Stroh gemütlich gemacht und Nacht ein Ei gelegt. Na klasse, jetzt hatte ich die Arme von ihrem Partner getrennt und und obendrein die Familienplanung durcheinander gebracht. Letzteres war mir eigentlich recht, ich bin absoluter Befürworter von Geburtskontrolle durch Eiertausch.
Doch war es nun das erste oder zweite Ei gewesen? Bevor Tauben mit dem eigentlichen Brüten beginnen, legen sie innerhalb von zwei, drei Tagen jeweils ein Ei. Gottseidank war es das erste. In Köln, wo sie von den besagten Experten während der Tage betreut wurde, legte sie dann auch wirklich ihr zweites. Durch den unerwarteten Zwischenfall verzögerte sich die Rückführung der Täubin um ein paar Tage. Gestern holte ich sie ab und heute Mittag durfte sie nach einem ausgiebigen Frühstück – endlich – endlich wieder in die Freiheit.
Hoffentlich findet sie auch ihren geliebten Partner bald wieder – denn so viele Tage ohne Sex sind sicher auch für die treueste Taube eine Zumutung.