Heute beginnen die Drei Tollen Tage in den Narrenhochburgen. Köln und Düsseldorf gehören ganz klar dazu. Um dem Trubel und den Komasauf-Szenarien unterwegs zu entgehen, nahm ich mir für die Zeit Urlaub. Und heute war ich gleich mit meinem Taubenfreund im Hofgarten verabredet um unser Wildvogelfutter loszuwerden und um nach verletzten Tieren zu schauen.
Ein Korn in der Luft und schon sind alle daDie arg geschrumpfte Körner-GangGroße Freude unter den gefiederten FreundenStadttauben warteten auch bei Dunkelheit am Bertha-von-Suttner-Platz
Mein erster Eindruck war, dass die Körnergang weiterhin extrem überschaubar ist – obwohl seit zwei Wochen einige Neuzugänge die Lücken ganz langsam füllen. Es will mir einfach nicht aus dem Kopf, dass meine alten Freunde illegalen Anti-Tauben-Aktionen zum Opfer gefallen sind. Nicht im direkt im Hofgarten. Irgendwo in Düsseldorf, dort wo die Vögel besonders unbeliebt sind. Besonders auffällig war das Verschwinden einer beträchtlichen Menge an Taubem am Bertha-von-Suttner-Platz.
Alle Tauben sind wie vom Erdboden verschluckt
Dort hatte ich den ganzen Winter über nach dem Rechten geschaut und verletzte, kranke Tiere nach und nach eingesammelt – zuletzt auch neue PMV-Fälle. Einen auf den anderen Tag waren alle diese Tauben verschwunden – wie vom Erdboden verschluckt. Ich rechnete mit dem Schlimmsten. Dass beispielsweise die Bahn AG – ähnlich wie in Neumünster oder Passau geschehen – eine Firma für die Säuberung beauftragt hatte. Um ganz sicher zu gehen, erkundigte ich mich bei den zuständigen Stellen in Düsseldorf. Dabei kam heraus: Weder dem Tierheim noch das Veterinäramt in Düsseldorf liegen irgendwelche Infos vor. Lebendfallen habe ich keine entdecken können. Alles recht mysteriös.
Aber bestimmt keine Paranoia eines Taubenfreundes. Nicht weit vom HBF, am S-Bahnhof Friedrichstadt, wurden diverse tote Stadtauben an einer Stelle gefunden, die jemand dort ritualartig platziert hatte. Interessant in diesem Zusmmenhang ist, dass genau an dieser Stelle auch regelmäßig gefüttert wurde. Etwa eine Botschaft an alle, die dass Fütterungsverbot ignorierten? Vielleicht aber nur eine Verschwörungstheorie.
Dieser verlinkte Artikel wurde auch in FB Taubengruppen heftig diskutiert
Kaum habe ich meine Facebook-Aktivität wieder aufgenommen, schon werde mit neuen Horrormeldungen über Tauben konfrontiert. Wie schon 2018 in Neumünster beauftragte die Deutschen Bahn AG nun in Passau eine zertifizierte Vergrämungsfirma mit einem Abwehrservice gegen die Vogelplage. Diese stellte nun Lebendfallen auf und wollte angeblich die darin gefangenen Tiere in regelmäßigen Abständen abholen und in ländliche Gebiete umsiedeln. Der Name der Firma wurde nicht genannt.
Explizit wiesen die Verantwortlichen der DB darauf hin, dass alle Tauben körperlich unversehrt bleiben sollen. (wie das wohl gemeint sein könnte) Nur aus dem Bahnhof sollen sie endlich verschwinden. Mit dieser Aufgabe hat man Spezialisten beauftragt.
So arbeitete Rentokil im Auftrag der DB am Bahnhof in Neumünster
Screenshot vom verlinkten Artikel
Aussetzen von Stadttauben ist gewaltsam und keine Lösung
Die vorgefallenen Maßnahmen waren für mein Empfinden ein schwerer Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Denn: Die Vögel wurden gewaltsam aus ihrer sozialen Struktur entfernt, sprich vom Partner und möglicherweise auch von ihrer Brut getrennt. Wurden beide Elternteile ins Exil gebracht, dann waren ihre Küken einem qualvollen Hungertod ausgesetzt. Davon mal abgesehen, Vorhaben kosten Geld und führen meistens nicht zum gewünschten Ziel. Vielleicht wollte man die Öffentlichkeit aber auch nur für dumm verkaufen.
Hungrige Tauben hinter dem Hauptbahnhof
Denn eigentlich wissen Schädlingsbekämpfer, die sich mit dem Verhalten von Tauben auseinandersetzen müssen, dass eine Umsiedlung gar nicht so einfach ist und selten auf Dauer funktioniert. Der Grund: Aufs Land verfrachtete Tauben folgen einem Heimkehrinstinkt und verfügen dazu über einen fantastischen Kompass, der sie in Kürze schnell wieder zum alten Standort zurückfliegen lässt. Ich gehe mal davon aus, dass dieses Verhalten auch Vergrämern bekannt sein dürfte. Auch ist es kein Geheimnis, dass Stadttauben heutige Nachfahren der Felsentaube sind und sich in Gebäuden und an Hausfassaden heimischer fühlen als auf einem Acker.
Wie können Schädlingsbekämpfer nach einer (angeblich) tierfreundlichen Entfernung von Tauben ihrem Auftraggeber garantieren, dass die umgesiedelten Vögel nicht schon ein paar Tage später nicht schon wieder am Bahnhof zurück sind. Allein die Erklärung der DB halte ich für eine Farce: „Die Bahn fängt Tauben und bringt sie raus auf Land.“ Wie blauäugig muss man denn sein, wenn dem Glauben schenken will?
Umsiedlung der Tauben aufs Land?
Werden die unerwünschten Tauben etwa in einem artgerechten Reservat oder extra eingerichteten Schlägen angesiedelt und fortan liebevoll versorgt. Weit weg vom Dreck und Lärm der Großstadt, wo es so schön ist und dass sie immer dort lieber bleiben wollen. Mitnichten – ich kann mir kaum vorstellen, dass die Auftraggeber darin eine zufriedenstellende Erledigung des Jobs sähen. Es darf nämlich nicht passieren, dass sich Tauben früher und später wieder sich wieder auf den Heimflug begeben können. Damit die Rechnung aufgehen kann, wird man sich auf eine andere nachhaltige Lösung verständigt haben. Gedacht, getan – man legte einfach mal los und das wohl auch ohne behördliche Genehmigung. Im Fall Passau lief die Aktion wohl so ab, dass weder das Veterinäramt noch das Ordnungsamt im Vorfeld informiert worden waren. Als Tierschützer dort wegen der aufgestellten Lebendfallen nachfragten, wusste zu dem Zeitpunkt jedenfalls noch niemand vom einer Taubendeportation. Danach erst versuchte die DB zu beschwichtigen. Anscheinend mit wenig Überzeugungskraft, denn Falle musste weg und die Aktion erst einmal abgebrochen werden. Mal schauen, was stattdessen unternommen wird – ich fürchte, nichts Gutes. Weitere Infos
Screenshot vom Antwortschreiben an die Tierschützer in Passau
Und was passierte mit den Düsseldorfer Stadttauben?
In den Ortsteilen, wo ich Tauben-Hotspots regelmäßig besuche und fotografiere, fiel mir auf, dass einige Schwärme binnen sehr kurzer Zeit deutlich kleiner geworden ist. Kürzlich blieben an einer bestimmte Futterstelle begehrte Körner mehrere Tage liegen, die ansonsten ruck, zuck weg gewesen wären. Ich schätze mal so Pi mal Daumen, in der Altstadt und im Hofgarten sind heute nur im Vergleich zum vergangenen Jahr nur noch die Hälfte der Tauben vor Ort.
Voriges einem Jahr berichtete über ich über ähnliche Beobachtungen. Gibt es etwa einen Frühjahrsputz bezüglich unliebsamer Stadtvögel? Keine Ahnung! Über den Verbleib so vieler Tauben kann man wirklich nur rätseln, spekulieren oder an einer Verschwörungstheorie festhalten. Nach den Ereignissen in Passau tendiere ich zu Letzterem.
Voriges Jahr wären bestimmt noch doppelt so viele da gewesen..Dieser belgische Briefer, der schon mal bei mir Logis hatte, vergesse ich nicht.
Unter den vermissten Tauben in Düsseldorf befinden sich auch einige, die ich bei meinen Runden regelmäßig antraf. Heute auf morgen verschwanden sie einfach von der Bildfläche. Darunter auch mein Freund SmarT, ein von der Vogelwarte Helgoland beringter Täuberich, den ich ganz besonders ins Herz geschlossen hatte. In Facebook füllte ich einst ganze Alben mit ihm.
Mein Freund SmarT im Hofgarten leistete mir gern Gesellschaft
Tauben sind standorttreu, die fliegen nicht einfach weit weg in den Süden oder sonst wohin. Für mich ist der Populationsrückgang kaum nachvollziehbar. Auch halte ich es für unwahrscheinlich, dass so viele Tauben binnen so kurzer Zeit plötzlich vom Baum gefallen, einem Auto, Greifvogel oder etwa dem Paramyxovirus zum Opfer gefallen sind. Ich denke mal eher an andere Todesursachen: beispielsweise in Zoos, denn Raubtiere fressen keine Blumen oder Unis, wo Tierversuche in der Grundlagenforschung durchgeführt werden. Ansonsten gibt es auch Mülldeponien, wo unauffällig entsorgt werden kann.
Screenshot: Tierversuche an Tauben in der Grundlagenforschung
Was fehlt, sind handfeste Beweise
Leider bleiben die Umstände, bei denen Tauben gefangen werden, für die Tierschützer ziemlich nebulös. Es liegen nur ganz selten konkrete Hinweise vor, denen man nachgehen könnte. Was den Hofgarten betrifft, ist eine Beurteilung der Lage eh schwierig, da die Tauben sich größtenteils nur stundenweise zur Futtersuche an den Grünflächen aufhalten, genistet wird anderswo. Dazu gibt es dort zu viel Publikumsverkehr, um Stadttauben oder invasive Vogelarten wie Nilgänse und Kanadagänse unbemerkt dezimieren zu können. Das wurde mir auch von einer dort tätigen Vogelexpertin bestätigt.
Was mit den Vögeln tatsächlich passiert, da wird kein Service-Unternehmen mehr in die Karten schauen lassen. Rentokil, einer der ganz Großen in der Branche, hat inzwischen das Kapitel Tauben aus der deutschen Website verbannt. Das heißt zwar nicht viel, bedeutet wohl aber, dass eine „Taubenbekämpfung“ inzwischen kaum noch unter den Augen der Öffentlichkeit stattfinden wird. Allerdings lassen sich Internet längst nicht alle Spuren verwischen.
Verantwortung für Mensch und Tier?
Halte bitte die Augen auf und reagiere sofort!
Wenn du also unterwegs einen Verdacht hast, dass Tauben durch Lebendfallen in Not geraten, dann zögere bitte auf keinen Fall, deine Beobachtungen so gut wie möglich festzuhalten und diese an entsprechende Stellen weiterzuleiten. Vielleicht kennst du Taubenbetreuer in deiner Region – gleich kontaktieren! Informiere ggf. auch an PETA (Link zum Formular) oder eine andere Tierschutzorganisation. Kontakte für Notfälle mit Tauben findest du hier in meiner Website. In Facebook müsstest du dich wahrscheinlich erst einmal in einer Taubengruppe anmelden, bevor du posten kannst. Gerne kannst du aber auch mir eine Nachricht schicken – unter „tierschutz [@] pro-palomas [.] de“. Vielen Dank!
Jetzt ist schon fast der erste Monat des neuen Jahres vergangen. Leider kam ich bislang nicht dazu, etwas Neues hier zu posten. Einerseits war es mein Beruf, der mich vollends einspannte, andererseits verpasste ich aus gesundheitlichen Gründen leider die jährliche Brieftaubenmesse in Dortmund, über die ich aus meiner Sicht der Dinge ausführlich berichten wollte – dazu kamen einige persönliche Gründe, die ich im folgenden noch kurz ansprechen werde. Ungeachtet dessen gab es dennoch seit meinem letzten Eintrag im Dezember ein paar Highlights, die nun zusammenfassen möchte.
Vorerst die rote Karte für Facebook
Als ersten Vorsatz im Neuen Jahr beschloss ich, mich bis auf Weiteres weitestgehend aus Facebook zurückzuziehen. Der Frust über das Verhalten von Mitgliedern in einschlägigen Gruppen hatte bei mir das Fass einfach überlaufen lassen. Generell musste ich feststellen, dass man dort nur von ganz Wenigen praktische Hilfe und Unterstützung erwarten kann. Das betraf beispielsweise den Aufbau einer nachhaltigen Zusammenarbeit bei der Versorgung von verletzten und kranken Tauben. Auf Zusagen folgten so gut wie keine Taten. Das musste ich einfach mal für mich realisieren. Da wurde einfach aus dem Bauch kommentiert und diskutiert, leider auch über angebliche Fakten, die nicht geprüft wurden, sondern einfach nur übernommen und in teilweise recht unverschämten Kommentaren weiter verbreitet wurden. Besserwisserei, falsche Unterstellungen und üble Nachreden waren keine Seltenheit.
Hilfe für PMV-Tauben bewusst behindert
Wer die Diskussionen und fiesen Gerüchte vor dem Transport von ehemaligen Paramyxo-Patienten zu einer Endpflegestelle, die von einer sehr erfahrenen PMV-Pflegerin geleitet wird, mitverfolgt hatte, wird meinen Frust vielleicht verstehen können. Da saßen Leute an ihrem Smartphone oder PC und schrieben einen Haufen Blödsinn, den sie von irgendwoher aufgeschnappt hatten, stellten die Seriosität der Anbieter in Frage und brachten damit fast die ganze Aktion in Gefahr. Das mehrere Tage miterleben zu müssen, fand ich unendlich traurig. Aus Köln sollten ursprünglich 20 Tauben vermittelt werden, die Fahrt wurde kurzerhand abgeblasen, aus dem Ruhrgebiet sprangen Leute ab – sicher auch, weil sie plötzlich verunsichert waren. Schade, denn man hätte viel mehr Tauben eine artgerechte Zukunft schenken können.
Nur eine verletzte Taube durch Silvester
Sylvester verbrachte ich bei meiner Freundin in Düsseldorf Bilk. Dort war die Böllerei extrem. Noch am nächsten Morgen stank die Luft noch so sehr nach Schwefel, dass man kaum frei durchatmen konnte. Gegen 9:00 brach ich auf, um nach Raketenopfern zu suchen. Erst rund um den Bilker S-Bahnhof, wo sich immer viele Tauben aufhalten, es folgten die kleineren Hotspots an der Corneliusstraße Tauben waren bereits wieder auf Futtersuche, Gott sei Dank keine mit Verletzungen oder Auffälligkeiten. Erst am Kö-Bogen wurde ich fündig. Dort saß weitab des Schwarms ein einzelnes Täubchen mit zerrupftem Gefieder, stark traumatisiert und unfähig zu fliegen. Das arme Tier blieb noch drei Tage völlig apathisch und musste solange gepäppelt werden. Somit hatte ich wieder zwei Pfleglinge in meiner Küche.
Diese Taube wurde durch die Böllerei verletzt und traumatisiert
Junior – vorerst die letzte kranke Taube aus dem Hofgarten
Nachdem meine kleine Meimei nach Spanien umgezogen war, blieb noch Junior, wieder ein junges „Mädchen“, die Täubin bekam den Namen, da sie die letzte Paramyxovirus-Taube war, die ich noch kurz vor Meimeis Abreise im Hofgarten gesichert hatte. Aus zwei Gründen konnte ich Junior leider nicht mitnehmen: Erstens wusste ich nicht, ob die Täubin andere noch anstecken konnte, zweitens konnte ich nicht einschätzen, inwieweit sie die Strapazen einer solch langen Reise überhaupt durchhalten würde. Junior bekam den Platz von Meimei und erholte sich prächtig. Glücklicherweise war sein kein Sterngucker, daher konnte sie recht bald wieder eigenständig fressen. Auch hielt sich die für Paramyxo-Tauben oft übliche Dreherei in Grenzen. Direkt an meinem ersten Arbeitstag kamen Junior und die Silvestertaube nach Köln in eine Endpflegestelle.
Junior liebte Stofftiere, an die sie sich kuscheln konnteManchmal nahm sie ihre Lieblinge auch als Partnerersatz.
Das Beste zum Schluss: Mehr Hilfe gegen den Hunger
Natürlich möchte ich aber auch meine positiven Eindrücke im Januar nicht verschweigen. Bei meinen Rundgängen sah ich alte und neue Futterstellen, die regelmäßig und reichlich bedient werden. Besonders in der letzten Woche, wo es auch bei uns extrem kalt wurde, konnten unsere armen Stadttauben auf die Hilfe von beherzten Menschen setzen. Und sollte einige von ihnen diesen Artikel lesen, dann sage ich ihnen im Namen aller Tauben dafür meinen HERZLICHEN DANK!
Wie ich schon einmal schrieb, war die kleine Meimei meine erste PMV-Taube, die ich aus dem Düsseldorfer Hofgarten mitgenommen hatte. Die Damen, die dort die Wasservögel betreuen, hatten mich auf sie aufmerksam gemacht.
Meimei saß damals völlig abseits von den anderen Tauben mit aufgeplustertem Gefieder und einem recht apathischen Ausdruck. Sie machte zuerst auf mich nur den Eindruck einer noch recht jungen, aber unterernährten Taube. Doch dann erzählten mir die Damen von einem komischen Verhalten, so wie man es von Tauben kennt, die unter der Paramyxovirose leiden. Ich trug das kleine Täubchen in einem Stoffbeutel nach Hause. Als ich es dort in den Stall setzen wollte, hatte ich ein nahezu lebloses kleines Bündel Federn in der Hand. Die Taube zeigte kaum Vitalität, manchmal schien es, als wäre sie breit für den Übergang in eine andere Welt. Selbst ein Körnerangebot half nicht . Obwohl sie sicher sehr hungrig war, war sie anscheinend nicht in der Lage, welche aufzupicken.
Meimei fraß und trank nicht, sie saß völlig apathisch in einer Ecke.
Ganz ehrlich, ich hatte schon Bedenken, dass sie bei mir überhaupt die erste Nacht überleben würde. Aber glücklicherweise kam es anders. Die kleine Taube hatte einen extremen Überlebenswillen, allerdings stand sie sich dabei aber auch oft selbst im Weg. Beispielsweise war sie von Anfang an beim Zufüttern extrem eigensinnig und alles andere als kooperativ. Es war äußerst mühsam ihr den Schnabel zu öffnen, Brei schmeckte ihr nicht, die Hälfte der Körner spie sie erst mal wieder aus und so weiter und sofort. Ich sage mal so: Für beide Seiten war die erste Päppelphase eine ganz schöne Geduldsprobe.
Meimei bei einer Fütterung…und danach, anfangs hatte sie noch eine relativ normale Körperhaltung
Dazu entwickelten sich schon bald immer heftigere PMV-Symptome im Hals- Kopfbereich, unter denen Meimei zu leiden hatte . Für mich war bald klar, dass ich die Taube so schnell nicht in andere Hände geben könnte. Die Gute zeigte ziemlich viele Marotten, sicher auch krankheitsbedingte, die mich immer befürchten ließen, dass nicht jeder die Zeit hat, sich so intensiv auf die Kleine einzulassen.
Leider zeigten bald mehr der typischen PMV-Symptome, beispielsweise die Sterngucker-HaltungMeimei schaut neugierig in die Kamera
Bei der täglichen Fütterung tastete ich mich ganz langsam heran, was Meimei mochte und was nicht. Beispielsweise hatte sie eine höllische Angst vor Spritzen. Auch wenn es vielleicht bequemer und schneller gewesen wäre, eine Sonde kam für mich schon deshalb nicht in Frage. Bei der ganzen Aufregung, die die Kleine an den Tag legte, musste ich äußerst behutsam vorgehen. Trotzdem passierte es immer mal wieder, dass sich Meimei’s eigentlich zutrauliches Verhalten urplötzlich durch Störungen im zentralen Nervensystem komplett ins Gegenteil verwandelten. Manchmal geriet der ganze Körper völlig außer Kontrolle. Dann fing sie an, wild mit den Flügeln zu schlagen, drehte den Kopf urplötzlich in alle Richtungen und bekam Durchfall. In solchen Situationen nahm ich sie erst einmal in die Hand und konnte sie durch eine Streichelpause bald wieder beruhigen.
Einmal allerdings hatte sie sich an einem Maiskorn verschluckt und geriet in Panik. Sie wollte sofort weg vom Handtuch, das bei der Fütterung als Unterlage diente. Ich setzte sie in die Wanne, da spuckte sie das Korn Gott sei dank sofort aus. Das Teil flog in hohem Bogen in die Wanne. Ich habe mich wirklich erschrocken als ich erkannte, welche Gefahr von falschem Futter ausgehen kann. Darum verzichtete ich von nun an ganz auf harte Körner. Stattdessen bekam Meimei zweimal täglich eine Portion festeren Aufzuchtbrei, den in ich kleine Kugeln formte und ihr in den Schnabel steckte. Das funktionierte prima und die Kleine wurde ohne Probleme satt.
Meimei duldete keine fremde Taube in ihrem Revier
Ein anderes Problem war, dass Meimei in ihrem Reich (der Nagerstall) partout keine Gesellschaft duldete. Welche Taube ich auch dazu setzte, es verging keine halbe Stunde, bis eine wilde Prügelei ausbrach. Meimei war es dabei egal, wie klein oder groß, wie jung oder alt die andere Taube war. Sie legte sich mit allen an und gab nicht nach – selbst dann, wenn sie die Unterlegene war.
Die beiden hatten nicht lange Ruhe….Meimei war bald zur Stelle, um ihr Revier zu verteidigen…
Um solche Konflikte zu vermeiden, musste Meimei leider „in Einzelhaft“ wohnen. Damit hatte ich zwar für Ruhe gesorgt, aber es blieben doch arge Zweifel, ob Meimei so dauerhaft klarkommen würde. Ich meine, nein, das funktioniert nicht. Tauben sind sehr soziale Tiere, die in Schwärmen leben und keine Einzelkämpfer. Irgendwann würde ihr das monotone Leben in der Isolation auf die Psyche schlagen und sie depressiv werden lassen. Wenn sie nicht schwer krank sind, leiden Tauben unter Einsamkeit, genauso wie wir Menschen und viele andere intelligente Lebewesen. Man denke nur an die schlimmen Verhaltensauffälligkeiten vieler Zootiere.
Meimei’s Ausweg aus der Isolation
Nach 5 Wochen intensiver Betreuung bei mir zu Hause sah ich endlich eine Perspektive. Eine Taubenfreundin aus Facebook schrieb mir, dass sie sich in die Bilder, die ich von Meimei gepostet hatte, verliebt hätte. Sie halte in ihrer Endpflegestelle in Spanien eh ganz viele PMV-Tauben und wollte nun auch meine kleine PMV-Taube unbedingt übernehmen. Kurze Zeit später bot sich auch die Gelegenheit für einen Transport. Zwischen Weihnachten und Sylvester sollte die Fahrt von Ludwigshafen aus losgehen. Ich war begeistert und sagte direkt für Meimei zu. Liebend gerne hätte ich noch weitere Tauben vermittelt, doch leider wurde daraus nichts, weil sich kein Fahrer anbot. Meimei brachte ich kurz vor Weihnachten mit dem Zug nach Mannheim. Ein Taubenfreund, der den Transport mit organisierte, traf mich am Bahnhof und übernahm Meimei bis zur Abreise nach Spanien. Er versprach mir, mich regelmäßig über die Fortschritte und das Befinden von Meimei zu berichten.
Meimeis letztes Abendmahl vor der Abreise nach MannheimEin gemeinsames Abschiedsfoto musste sein…Meimei saß während der ganzen Fahrt neben mir, damit ich sie schnell beruhigen konnte
Für war mich der Abschied von meinem Pflegling keinesfalls leicht, doch war ich fest davon überzeugt, dass die Taube in Spanien ein deutlich besseres Leben erwartet. Selbst wenn ihre PMV-Handycaps bleiben sollten, wird sie dort liebevoll umsorgt und vielleicht lernt sie in der neuen Umgebung, sich einzufügen und besser mit anderen Tauben klarzukommen. Dafür drücke ich ihr ganz fest die Daumen. Und in meinem Herzen wird Meimei ihren festen Platz behalten.
Das Paramyxo-Virus befällt schon seit den 80iger Jahren in Deutschland die Stadttauben. Die Paramyxovirose ist für Tauben und Hühner hoch ansteckend und verbreitet sich über eine Tröpfcheninfektion. Es gibt einen Impfstoff dagegen, den Taubenzüchter einsetzen, aber Stadttauben, die ja nicht alle geimpft werden können, müssen mit dem Risiko leider leben. Für menschliche Stadtbewohner ist das Virus ungefährlich, bis heute ist jedenfalls kein Fall einer Erkrankung bekannt.
Schnelle Verbreitung des Paramyxovirus
Tauben können das Virus über die Nase und Bindehaut sowie mit Viren kontaminierte Trinkwasser, Bruteier oder Staub aufnehmen. Einige Tage nach der Infektion bekommen die meisten wässrigen Durchfall, viele von ihnen aber auch schwerste Probleme mit der Koordination, wobei Symptome und Schweregrade unterschiedlich sein können. Manche Tauben kriegen schlimme Unruhe-Attacken, drehen permanent im Kreis, andere laufen rückwärts, andere können kaum noch fliegen oder infolge der zentralnervösen Störungen keine Nahrung mehr aufnehmen. Im schlimmsten Fall verdursten und verhungern sie ohne fremde Hilfe.
Täubchen MeiMei in ihrer typischen Sterngucker-Pose
Plötzlicher Ausbruch von PMV im Düsseldorfer Hofgarten
Seit Mitte November grassiert das PMV-Virus unter den Tauben rund um den Düsseldorfer Hofgarten. Meine erste Begegnung mit einem erkrankten Tier geschah auf einen Hinweis der Damen, die die Wasservögel am Schwanenhaus versorgen. Ich war gerade mit meiner Fütterung fertig und wollte mich kurz noch von Frau Bonmariage verabschieden, als eine weitere Vogelbetreuerin direkt auf mich zusteuerte und von Tauben berichtete, die eine auffällig komische Flugtechnik hätten oder minutenlang im Kreis laufen würden und den Kopf verdrehen. Sogleich schoss mir PMV in den Kopf. Die Symptome kannte ich bereits von einem Fall in Köln. Wir liefen gemeinsam um den Block und die Dame zeigte mir hinter dem Haus eine der verdächtigen Tauben. Sie ließ sich ganz leicht mit der Hand aufnehmen. Es war noch ein Jungvogel. Der Kopf war in der typischen Sterngucker-Pose nach oben gerichtet, und irgendwie fehlte der Kleinen so der Hals – das war mein optischer Eindruck. Also gleich mitnehmen! Zu dumm, meinen kleinen Transporter hatte ich zu Hause gelassen, daher musste es eine Stofftasche tun. In diese legte ich das Täubchen rein und schob gleich ab.
Typische Handicaps von vielen PMV-Tauben
Zu Hause stellte ich fest, dass die Kleine nicht in der Lage war, Körner zu picken. Fliegen klappte ebenfalls überhaupt nicht. An diesem Tag begann damit die Geschichte von MeiMei (das ist Chinesisch und heißt „kleine Schwester“). Mehrere Wochen habe ich sie mit Aufzuchtbrei und Vitamin-B-Komplex aufgebaut – am Anfang leider auch mit einer Fixierung. Bald darauf habe ich sie in ein Handtuch eingewickelt. Inzwischen hat sie sich an mich gewöhnt und sitzt bei der Fütterung brav auf dem Schoß.
Noch trockener Nutri Bird AufzuchtbreiVitamine sind für die Erholung einer PMV-Taube enorm wichtigMeiMei bei ihrer ersten Fütterung mit Brei, einiges ging daneben.MeiMei im Handtuch eingewickelt
Wie schon zu befürchten war, kamen binnen weniger Tage immer mehr erkrankte Tauben hinzu. Da ich daheim nur sehr beschränkte Möglichkeiten für die Unterbringung habe, vereinbarte ich mit Frau Bonmariage, in bestimmten Abständen weitere Tiere abzuholen.
Temporäre halbseitige Lähmung bei einer PMV-TaubeDeutliche Besserung innerhalb eines Tages nach Vitamin-B-Zugabe
Mein Plan war es, ein bis zweimal die Woche, je zwei Täubchen nach Köln zu bringen und dort an die Experten der Stadttaubenhilfe zu übergeben. Dort, das wusste ich, würden sie perfekt behandelt und gepäppelt, soweit nötig. Auch wenn es sicher notwendig gewesen wäre, aber mehr Tauben in einem Behältnis zusammen zu lassen, ist oft nicht möglich. So krank sie auch sind, wenn PMV-Tauben sich zu nah kommen, prügeln sie bald aufeinander los.
Zwei PMV-Tauben, die noch fressen konnten. Und prügeln. Kurz nach dem Foto gingen sie aufeinander los.
Selbst in meinem großen Nagerstall, in dem sonst 3-4 Vögel prima miteinander auskamen, gingen PMV-Patienten sofort aufeinander los. Selbst meine kleine MeiMei wurde zur bissigen Amazone und ging auf andere Tauben los. Die Mischung aus Aggression und PMV-Behinderungen führte zu ziemlich bizarren Szenen, bei denen sich keine Taube ernsthaft verletzen konnte, aber ständiges Gurren und Geflattere war schon anstrengend – ganz besonders für die Tauben selbst. PMV-Patienten sind enorm stressempfindlich, darum tun ihnen Streitereien gar nicht gut. Ergo mussten leider jede Taube in „Einzelhaft“ untergebracht werden.
Um Stress zu vermeiden, musste jede Taube separat untergebracht werden.
Da im Hofgarten mehr Tauben starke PMV-Symptome zeigten als ich täglich mitnehmen konnte, wurden einige von dritter Seite einfach ins Tierheim Düsseldorf gebracht. Dort hatten sie zwar eine Unterbringung, aber die schweren Fälle konnten nicht gepäppelt werden und so hätte man sie früher oder später eingeschläfert. Dank der Kölner Arbeitsgruppe gegen die Stadttaubenproblematik konnte ich wenigstens 10 Tauben vor dem Hungertod bzw. der Todesspritze bewahren.
MeiMei ist immer noch bei mir. Sie kann zwar trinken aber immer noch keine Körner picken und auch nicht fliegen. Vielleicht werden ihre Behinderungen lebenslang bleiben. Trotzdem MeiMei ein liebenswertes Geschöpf, das ein Recht auf sein Leben und eine schöne Zukunft hat. Dafür gibt es Perspektiven. MeiMei kann sich schon jetzt auf ein artgerechtes Zuhause und liebevolle Betreuung in einem 100%igen PMV-Schlag freuen.
Brieftaubensport immaterielles Kulturerbe? Wir sagen NEIN!
Die nächste Mahnwache findet statt am Freitag, 30. November 2018 von 12:00 Uhr bis 15:15 Uhr in der Thouretstraße 6 und in der Königstraße. 46 in 70173 Stuttgart.
Mahnwache im vergangen Spätsommer 2018 mit Sylvia Müller
Die Wettflüge kosten das Leben vieler Tauben
Taubenzucht und Brieftaubensport ist in Deutschland ein brutales Wettgeschäft, bei dem es in erster Linie um Preise, Pokale – also auch um viel Geld geht. Auf Kosten von Millionen armer Tauben, die im Sinne der Züchter entweder die geforderte Höchstleistung bringen müssen oder ihr Leben verwirken. Das Wohl bzw. das Leid von Tauben, als fühlende Kreaturen, spielt in dieser „Tradition“ überhaupt keine Rolle.
Foto von Mira Schneider 2018: In Dortmund verunglückte Brieftaube
Tauben müssen extrem flink sein und natürlich gewinnen. Damit sie die gewünschten Höchstleistungen bringen, werden sie von ihren Lebenspartnern getrennt. Nur die Starken dürfen überleben. Und Turbotauben werden für irre Summen nach China verkauft. So sieht es heute mit den meisten organisierten Preisflügen aus.
Kein Pardon für missratene Rennpferde der Lüfte
Die Schwächeren verunglücken unterwegs oder sorgen für Nachschub in irgendwelchen Stadtaubenkolonien. Dass verirrte Brieftauben also auch durch die gesamte Saison hindurch für höhere Taubenpopulationen im menschlichen Lebensraum sorgen, davon wollen Taubenzüchter nichts wissen.
Einen sehr guten Überblick über die hässliche Seite des Brieftaubensports vermitteln Ihnen die folgenden Quellen im Internet:
Gesunde Tauben achten peinlich genau auf die Sauberkeit ihres Gefieders. Und sie baden liebend gerne. Das kannst du am besten während der warmen Jahreszeit beobachten, überall dort, wo in der Stadt oder in Parkanlagen Bassins stehen. Natürlich auch bei einem Sommerregen oder danach, wenn sie sich Stadttauben an großen Pfützen versammeln und sich am frischen Wasser laben.
Stadtauben sind nicht wasserscheuTaube, die gerade frisch gebadet hatte
Leider ist das nicht immer so: In der Düsseldorfer Altstadt begegnet man, und das leider häufig, Tauben, deren dunkelgraues Gefieder ölig und ungepflegt wirkt, manchmal wie mit Pomade verklebt aussieht. In dem Look entsprechen sie genau dem Image, das Taubenhasser über sie verbreiten und bestätigen die üblichen Vorurteile: gefährliche Bakterienschleuder, Ratte der Lüfte …
Taube mit einigen Fettspuren im Gefieder
Ich darf dich beruhigen. Davon betroffene Stadttauben leiden unter keiner fiesen Krankheit, die das Gefieder so schrecklich aussehen lässt. Die Ursache für die Verschmutzung sind Abluftschächte von Imbissen und Restaurants, in deren Nähe Tauben sich häufiger aufhalten oder sogar nisten. Die Tiere wissen natürlich nicht, wie gefährlich das fetthaltige Luftgemisch aus den Gebläsen für sie werden kann. Das mit der Luft austretende Pflanzenfett verfilzt das Gefieder, so dass es nach und nach lebenswichtige Funktionen verliert. Die Taube kann zwar fliegen, aber ihr Gefieder kaum noch pflegen. Und die durch den fettigen Schmutz geschädigten Federn schützen sie weniger gegen Nässe und Kälte. Besonders kritisch wird es dann, wenn die so genannten Puderfedern ihren feinen, wasserabweisenden Staub nicht mehr ausreichend produzieren. Mit anderen Worten: Frittenfett ist vielleicht sogar der Anfang vom Ende. Spätestens, wenn der Winter so richtig loslegt, mit kaltem Regen, Schnee und Eis, dann werden Stadttauben mit stark verklebtem Federkleid kaum Überlebenschancen haben.
In der Düsseldorfer Altstadt sieht man viele Tauben mit Frittenfett in den Federn
Schon seit Wochen bin ich diesem Problem auf der Spur. Begegnen mir unterwegs mit Tauben mit stark verschmutztem Gefieder, mache ich aber zuerst Fotos, um sie für weitere Beobachtungen besser in Erinnerung zu behalten. Denn genauso wie Tauben mit Verschnürungen, darf man diese nicht einfach fangen und aus ihrem sozialen Umfeld reißen. Man muss immer auch die Folgen bedenken: Vielleicht verliert eine gesicherte Taube dadurch ihren Partner oder sie nistet bereits und kann die Küken nicht mehr versorgen. Im Worst-Case hätte man dann einem Tier geholfen, zwei andere mussten aber jämmerlich verhungern. Das wäre fatal. Aus dem Grund wäge ich grundsätzlich vorsichtig ab und frage mich:
wie der Allgemeinzustand der Taube auf mich wirkt,
wie schlimm das Gefieder aussieht,
wie hilfsbedürftig und gefährdet die Taube sein könnte.
Besonders schlimm betroffen sind auf jeden Fall junge Tauben mit stark verfettetem Gefieder, die zudem unterernährt und manchmal so geschwächt sind, dass man sie ganz einfach mit der Hand aufnehmen kann. Die haben wohl eher keinen Partner und werden auch nie einen bekommen, wenn man ihnen nicht schnell hilft. Also sichern und versorgen. Ebenso flugunfähige Tauben oder welche mit Verletzungen oder krankhaften Symptomen.
Zwei Beispiele für junge Tauben mit Ölspuren an den Federn
Meistens habe ich verölte Tauben nur eingesammelt und dann an eine Dame in Düsseldorf übergeben, die wiederum gute Verbindungen zur bekannten Vogelschützerin Tanja Regmann (Project Blue Sea) hat und von dieser auch mit Öl verschmierte Schwäne und andere Wasservögel erfolgreich behandeln lässt.
Ein einziges Mal machte ich eine Ausnahme aus Zeit- und Organisationsgründen und versuchte selbst, das Gefieder einer Taube mit dem hierfür empfohlenen Fettlöser Fairy Ultra zu reinigen, was sich aber als Fehler herausstellte. Keine Sorge, der Taube ist nichts Schlimmes passiert. Sie hat meine Behandlung gut überstanden, aber die Aktion war nicht effektiv und gestaltete sich insgesamt viel komplizierter als ich gedacht hatte. Denn es gab eine Menge zu berücksichtigen:
Fairy Ultra ist aggressiv und sollte vorsichtig dosiert werden, es darf schon mal gar nicht in die Augen der Taube kommen.
Für die Reinigung setzte ich die Taube vorsichtig in lauwarmes Wasser in das zuvor etwas Fairy Ultra aufgelöst war, zum Abwaschen nahm ich einen weichen Spülschwamm.
Fairy Ultra wirkte gut, das Wasser wurde ziemlich dunkel. Aber ein Waschgang reichte längst nicht aus, da das komplette Gefieder verfilzt war.
Das Gefieder saugte sich auf wie ein Schwamm mit Wasser und die oben beschriebene Schutzschicht, sofern sie noch vorhanden war, wurde durch die Behandlung gänzlich entfernt.
Nach dem Bad musste das Gefieder schnell angetrocknet und ausreichend Wärme zur Verfügung stehen. Um das Wasser aus den Federn zu bekommen, habe ich die Taube mehrmals in ein Handtuch eingewickelt und immer wieder abgetupft – auch untern den Flügeln.
Im Anschluss habe ich sie in den Stall zurückgebracht und im Handtuch direkt neben die warme Heizung gesetzt.
Das arme Tier war von der Behandlung enorm gestresst und verfiel in eine regelrechte Starre, was mir unendlich leid tat. Es dauerte eine ganze Zeit, bis sie sich aus dem Handtuch befreite und wieder anfing zu laufen.
Gott sei Dank hatte sich die kleine Taube nach der Behandlung wieder etwas gefangen und spazierte im Stall herum.
Schlussendlich stellte sich heraus, dass das Gefieder immer noch arg verfilzt war, ich hätte dem Tier also weitere Prozeduren dieser Art zumuten müssen. Damit stieß ich an meine Grenzen, vor allem deshalb, weil ich die Taube nicht weiter unter solchen Stress setzten wollte Darüber hinaus dauert es sehr lange, bis das Wasser aus dem Gefieder ist. Das Tier brauchte daher ausreichend Wärmezufuhr. Meine Heizung war ja bereits aufgedreht. Aber auf einer vorsichtig temperierten Wärmflasche wollte sie partout nicht sitzen bleiben.
Dann stellte sich die Frage, wann die Taube wieder richtig fliegen kann. Meine Testumgebung wäre in der Wohnung gewesen (lach) oder ich hätte erst einmal zum Schwanenhaus gehen müssen, um dort ihre Flugversuche zu beobachten. Insgesamt habe ich mir zu viele Sorgen gemacht – bin halt kein Profi.
Darum machte ich einen Cut und beschloss, die Taube wie gewohnt baldmöglichst an Experten zu übergeben. Sie wurde noch am gleichen Tag abgeholt und befindet sich in der Obhut von Profis.
Fazit: Zukünftig werde ich natürlich von einer Behandlung in eigener Regie mit Fairy Ultra absehen und möchte auch ausdrücklich davor warnen, sofern man hierfür nicht genügend Ausrüstung und Erfahrung hat.
Sind Tauben für viele von uns zwar keine „Ratten der Lüfte“, aber dafür einfach nur Luft? Ich vermute eher letzteres ist der Fall. Denn fast täglich beobachte ich unterwegs, dass Menschen die Anwesenheit von Stadttauben überhaupt nicht wahrnehmen. Würden sie die hektisch auf und ab laufenden oder aufflatternden Vögel verabscheuen oder sich vor ihnen ekeln, so könnte man das an Mimik oder Körperhaltung erkennen. Aber nein, Tauben rücken erst gar nicht ins Blickfeld, über sie machen sich viele darum auch null Gedanken.
Stadttauben sind nicht durchsichtig, sie sind Passanten aus Fleisch und Blut
Ich könnte dieses Verhalten an diversen Beispielen veranschaulichen, will ich aber nicht, denn die Szenarien sind so offensichtlich, dass du sie selbst live erleben kannst, überall, wo Menschen laufen oder stehen und hungrige oder auch hilfsbedürftige Tauben anwesend sind. Traurig an einer solchen Gleichgültigkeit ist, dass viele Menschen sind an anderer Stelle größten Wert auf Empathie und Mitgefühl legen würden. Solche kenne ich persönlich. Die sind dann aus allen Wolken gefallen, als ich von Tauben erzählte, welche Gedanken ich mir mache und welche Zeit ich mit Tauben verbringe. Manchmal werden dann zwar erst einige Klischees (Krankheitsüberträger, Vollkacker) aufgetischt, aber irgendwann halten sie inne und beginnen zu reflektieren. Und zum Schluss kommt dann doch Erkenntnis: „Hm, da ist ja was dran, was du da beschreibst, darüber habe ich noch nie nachgedacht – und so weiter, aber zu Tauben hatte ich eben nie eine Beziehung.“ Genau darin liegt der Casus Knacksus!
Zu anderen Haustieren (das sind Tauben übrigens auch!) wie Hund, Katze, Papagei oder Schildkröte hat fast jeder einen Bezug – egal, ob man die nun mag oder nicht. Läge beispielsweise ein Hund oder eine Katze verletzt auf der Straße, würden wahrscheinlich die wenigsten Passanten einfach vorbei laufen. Nicht wenige würden sogar Hilfe rufen. Zu Tauben hingegen fehlt vielen die Beziehung.
Um möglichst vielen Menschen zu zeigen, dass Stadttauben fühlende Kreaturen sind, die viel mehr Wahrnehmung und Verständnis verdient haben, fotografiere ich regelmäßig meine Eindrücke und Begegnungen bei Taubenrundgängen und zeige diese öffentlich – unter anderem als Album in Facebook. Da ich dabei versuchte, mit der Kamera möglichst nah an die Tauben heranzukommen, konzentrierte ich mich bislang auf Schnappschüsse und lud nur hin und wieder auch ein Kurzvideo hoch.
(Video mit aktiviertem Datenschutz- Modus)
In kleinen Schritten zum Ziel: proPalomas als Youtube-Kanal
In der Zwischenzeit hat sich aber einiges Filmmaterial angesammelt, aus dem sich emotionale und aussagekräftige Videos zusammenstellen lassen. Diese werde ich zukünftig in meinem neuen Youtube-Channel „proPalomas“ präsentieren. Und an dieser Stell sei gesagt: das auch mit Mut zur Lücke. Es geht mir nicht um umfassende Dokumentationen geschweige denn um Kunstwerke. Denn bis ich vielleicht mal der große Video-Experte sein werde, kann es noch lange dauern. Warum aber warten? Dafür bin ich viel zu neugierig und ungeduldig. Meine Videos sollen ja auch nicht verkaufen, ich freue mich schon riesig, wenn sie dich inspirieren und zum Nachdenken anregen.
Als ich gestern Abend müde von der Arbeit aus Köln endlich zu Hause ankam, steckte in meinem Briefkasten ein fetter Umschlag von Amazon Prime. Meine Güte, dachte ich, dass kann doch eigentlich nicht sein, meine Bestellungen gehen doch schon seit Jahre zur Firma. So spare ich mir den Stress mit der Abholung und werde auch meine Nachbarn nicht dafür einspannen.
Aber nun war da dieser Umschlag und ich überlegte hin und her, was da wohl drin Buch. Kein Buch, kein Taubenfutter (das hätte eh nicht in den Briefkasten gepasst – lach)….Ich war ganz schön neugierig. In meiner Wohnung öffnete ich den Brief und erlebte eine Riesenüberraschung. Wow, ich hatte eine fantastische Lupe mit Lampe erhalten. Perfekt zum Entschnüren von Taubenfüßen und/oder – zehen. Lupen hatte ich mir mir zwar schon öfters angesehen, aber doch noch keine bestellt.
Lupe als Hilfsmittel zum Entschnüren von Tauben
Auf dem Adressfeld stand mein Name, meine Adresse und Pro Palomas, nur der Absender fehlte – leider! Meine Freude war so groß, dass ich gleich und am nächsten Tag einige Leute anrief, die von meinem Hobby wissen, und nachfragte, aber keiner von meinen Bekannten war der Absender oder wusste von einer solchen Aktion. Sehr schade, ich hätte mich super gerne bei dem Spender oder der Spenderin persönlich bedankt. Sei es drum, das hole ich nun hiermit nach:
Lieber unbekannte(r) Spender(in),
tausend Dank für die Lupe, ein perfektes Hilfsmittel (besonders für Menschen in meinem Alter – lach). Ich werde sie sicher bald einsetzen können. Und ebenso viel Dank für deine wunderbare Wertschätzung für Stadttauben und die Helfer, die versuchen, das arme und oft viel zu kurze Leben der Vögel erträglicher werden zu lassen. Und ich hoffe, du besuchst meinen Blog bald wieder und liest diese Nachricht.
Vergangene Woche wurde mir so richtig bewusst, dass auch für uns Streetworker mit Stadttauben die Redewendung: „Das Leben besteht aus Geben und Nehmen“ durchaus seine Berechtigung haben kann.
Taubenrunde mit kleinen Überraschungen
Letzten Sonntag war endlich wieder genug Zeit für eine ausgiebige Taubenrunde. Diese startete am Münsterplatz, wo zwar immer mal wieder sehr gut gefüttert wird, aber oft dann eben dennoch nicht genug. Und dabei ist es ja noch nicht einmal richtig kalt geworden. Am besagten Tag war der Platz jedoch ziemlich dünn besucht, so dass es nicht viel zu tun gab. Bei mir ist es nämlich so, dass ich – ausgenommen bei bitterkalten Wintertagen – grundsätzlich nur dann aktiv werde, wenn tatsächlich Publikum vor Ort ist. Irgendwo eine Tüte ausschütten und dann verschwinden, das ist nicht mein Ding.
Stadttauben warten im Hofgarten auf artgerechtes Futter
Hungrige Stadttauben beziehen Stellung im Hofgarten
Als nächste Station war eigentlich der Bertha-von-Suttner-Platz vorgesehen, daraus wurde nichts, weil ich im Hofarten verabredet und schon spät dran war, aber den Taubenfreund nicht warten lassen wollte. Also lieber gleich ab in die nächste Bahn zum Joachim-Erwin-Platz (für Alt-Düsseldorfer vielleicht immer noch der Jan-Wellem-Platz:-). Ich hatte Glück und kam trotz meiner Trödelei überpünktlich zum Ziel, wo eine ziemlich große Schar gefiederter Freunde bereits Stellung bezogen hatte.
Hungrige Tauben kennen kein Pardon, sie sehen nur noch das Futter
Solange ich noch allein war, fütterte ich die Burschen an, fotografierte und konzentrierte mich auf verschnürte Tauben etc. Zunächst sah die Mannschaft ziemlich ok aus. Als Taubenkumpel M. dann aber mit seiner Munition loslegte und wir nur wilde Flatterwolken um uns herum sahen, wurde ich tatsächlich noch fündig. Ich sicherte ein bildhübsches Täubchen mit einem ziemlich übel angeschwollenen Zeh am linken Fuß. Eigentlich war es purer Zufall gewesen, dass sie mir aufgefallen war. Da sich um den Zeh offensichtlich ziemlich fette Fäden gewickelt hatten, hoffte ich, sie schon bald wieder entlassen zu können. Daheim stellte ich dann aber fest, dass die Verschnürung schon tief ins Gewebe eingedrungen war.
Ich dokterte fast eine Stunde an dem armen Tierchen herum, welches sich übrigens total friedlich und geduldig verhielt, (das ist längst nicht immer der Fall). Da ich keine Lupe habe, war ich mir allerdings nicht sicher, alles entfernt zu haben. Denn darauf sollte man wirklich achten. Wenn Fäden, die so tief im Gewebe sitzen, übersehen würden, dann wäre die ganze Mühe wohl vergebens gewesen. Ich desinfizierte die Wunde sorgfältig und machte einen Termin in Köln für einen professionellen Health-Check.
Die Taubendame richtet sich auf alles ein 🙂
Als ich dann das Täubchen am nächsten Morgen für die Transport fertig machen wollte, erlebte ich eine tolle Überraschung. In meinem Stall war Damenbesuch. Die Täubin hatte es sich im Stroh gemütlich gemacht und Nacht ein Ei gelegt. Na klasse, jetzt hatte ich die Arme von ihrem Partner getrennt und und obendrein die Familienplanung durcheinander gebracht. Letzteres war mir eigentlich recht, ich bin absoluter Befürworter von Geburtskontrolle durch Eiertausch.
Doch war es nun das erste oder zweite Ei gewesen? Bevor Tauben mit dem eigentlichen Brüten beginnen, legen sie innerhalb von zwei, drei Tagen jeweils ein Ei. Gottseidank war es das erste. In Köln, wo sie von den besagten Experten während der Tage betreut wurde, legte sie dann auch wirklich ihr zweites. Durch den unerwarteten Zwischenfall verzögerte sich die Rückführung der Täubin um ein paar Tage. Gestern holte ich sie ab und heute Mittag durfte sie nach einem ausgiebigen Frühstück – endlich – endlich wieder in die Freiheit.
Es reicht jetzt! Ich will hier endlich raus…Gleich geht es zurück in die Freiheit…Mach das bloß nicht noch einmal mit mir!
Hoffentlich findet sie auch ihren geliebten Partner bald wieder – denn so viele Tage ohne Sex sind sicher auch für die treueste Taube eine Zumutung.